Medizin
Frühgeburt: Nasale High-Flow-Beatmung in Studie mit schlechteren Ergebnissen
Freitag, 23. September 2016
Melbourne – Die nasale High-Flow-Beatmung, eine auf neonatologischen Intensivstationen beliebte nicht-invasive Beatmung, hat in einer randomisierten Studie als Erstbehandlung (ohne vorherige Intubation) deutlich schlechtere Ergebnisse erzielt als die ebenfalls nicht-invasive CPAP-Beatmung. Die Studie, deren Ergebnisse jetzt im New England Journal of Medicine (2016; 375: 1142-1151) vorgestellt werden, musste deshalb vorzeitig abgebrochen werden.
Viele Frühgeborene mit unregelmäßiger Atmung oder einer Lungenerkrankung benötigen eine Atemunterstützung. Die Neonatologen sind heute bestrebt, eine endotracheale Intubation zu vermeiden. Wenn möglich wird eine nicht-invasive Beatmung angestrebt, wobei einer Maskenbeatmung mit kontinuierlichem, positivem Luftwegdruck (CPAP) lange der Vorzug gegeben wurde.
Die CPAP-Beatmung ist jedoch relativ umständlich, da die Frühgeborenen eine Maske oder einen Atemhelm tragen müssen, der die Pflege und den Kontakt zu den Eltern erschwert. Verletzungen der Nase sind häufig. Viele Zentren sind deshalb auf eine nasale High-Flow-Beatmung gewechselt, bei der die Luft über spezielle Nasenkanülen verabreicht wird.
Für die Übergangsphase nach einer vorangegangenen Intubation hat sich diese Behandlung als effektiv erwiesen. Sie vermeidet Verletzungen an der Nase und könnte im Vergleich zur nasalen CPAP-Beatmung zu geringeren Pneumothorax-Raten führen, wie kürzlich eine Übersicht in der Cochrane Library (2016; doi: 10.1002/14651858.CD006405.pub3) ergab.
Die Effektivität der High-Flow-Beatmung als erste Atemunterstützung nach der Geburt war jedoch bisher nicht ausreichend untersucht. Die HIPSTER-Studie („High Flow Nasal Cannulae as Primary Support in the Treatment of Early Respi- ratory Distress) wollte in dieser Frage Klarheit schaffen. An neun neonatalen Intensivstationen in Australien und Norwegen wurden insgesamt 564 Frühgeborene (ab 28. Gestationswoche) auf eine nasale CPAP-Beatmung oder eine nasale High-Flow-Beatmung randomisiert.
Die Beatmung wurde innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Geburt auf der Intensivstation begonnen. Primärer Endpunkt war ein Therapieversagen in den ersten 72 Stunden der Beatmung (definiert als ein Sauerstoffbedarf von mehr als 40 Prozent, ein Abfall des pH-Werts auf 7,2 plus ein Anstieg des pCO2 auf über 60 mm Hg oder eine Häufung von Apnoe-Episoden).
Das Team um Louise Owen vom Royal Women’s Hospital in Melbourne hatte gehofft, dass sich die High-Flow-Beatmung zumindest als gleichwertig erweisen würde. Dies war allerdings nicht der Fall. Bereits eine Zwischenauswertung zeigte, dass das Therapieversagen in der High-Flow-Gruppe bei 71 von 278 Kindern (25,5 Prozent) aufgetreten war, fast doppelt so häufig wie in der CPAP-Gruppe, wo es bei 38 von 286 Kindern (13,3 Prozent) zum Therapieversagen kam.
Der Unterschied von 12,3 Prozentpunkten war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 5,8 bis 18,7 Prozentpunkten signifikant. Die Kinder der High-Flow-Gruppe mussten auch häufiger intubiert werden (15,5 versus 11,5 Prozent). Der Unterschied war hier jedoch nicht signifikant. Wie erwartet kam es in der CPAP-Gruppe häufiger zu Verletzungen der Nase (18,5 versus 8,3 Prozent). Ein weiterer Nachteil war ein Pneumothorax, der bei sechs Neugeborenen (2,1 Prozent) in der CPAP-Gruppe, aber bei keinem Kind in der High-Flow-Gruppe während der Beatmung auftrat.
Trotz dieser Nachteile bleibt die CPAP-Behandlung – jedenfalls unter den Einschlusskriterien der Studie – die bessere Therapie. Ob dies auch für andere Situationen – bei weniger kranken Neugeborenen außerhalb einer Intensivstation – gilt, dürfte jetzt Gegenstand von Diskussionen sein. Ignorieren lassen sich die Ergebnisse der bisher größten Studie zu dieser Fragestellung wohl nicht. © rme/aerzteblatt.de

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