Ärzteschaft
Asylbewerber: Kammer Hessen wehrt sich gegen Vorwurf von Gefälligkeitsgutachten
Freitag, 23. September 2016
Frankfurt – Die Landesärztekammer Hessen (LÄKH) hat sich gegen pauschalierende Schuldzuweisungen bezüglich falscher Atteste für Asylbewerber gewehrt. „Wir weisen den pauschalen Vorwurf der Bundesregierung, viele Ärzte stellten falsche Gutachten aus, um Abschiebungen zu verhindern, zurück“, erklärte LÄKH-Präsident Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach. In der Antwort auf eine Kleinen Anfrage der Linkspartei hatte die Regierung mitgeteilt, dass eine größere Zahl solcher Bescheinigungen Formulierungen wie „Verdachtsdiagnose“ und das Votum enthalte, es solle keine Abschiebung erzwungen werden.
Gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse: Asylpaket II schafft höhere Hürden
Die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber scheitert nicht selten aus medizinischen Gründen. Die Bundesregierung hält diese oft für nicht nachvollziehbar und hat die Vorgaben für solche Abschiebungshindernisse verschärft. Dafür erntet sie jetzt Kritik von Ärzten und Psychotherapeuten. Rund 470.000 Menschen haben im vergangenen Jahr in Deutschland um Asyl gebeten. [...]
„Schon im Juni hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière einräumen müssen, dass die von ihm in den Raum gestellte Zahl von 70 Prozent der Männer unter 40, die vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt würden, keine allgemeingültige, statistisch belegbare Größe sei“, so der Kammerpräsident. Auch jetzt bleibe die Bundesregierung Beweise in Form bundesweiter Zahlen schuldig. Der Politik müsse deutlich gemacht werden, dass eine Begutachtung „nicht mal so nebenbei“ zu erledigen sei. „Dafür braucht es Zeit und Erfahrung“, sagte von Knoblauch zu Hatzbach. Selbstverständlich unterlägen Ärzte nicht nur bei „Inländern“ der Sorgfaltspflicht. Diese ärztliche Verpflichtung müsse jedem Menschen entgegenbracht werden.
„Es ist unredlich, wenn die Zeit, die für die notwendige Prüfung der Asylbegehren benötigt und auch durch weiterhin ungelöste Probleme im Verwaltungshandeln verzögert wird, der Ärzteschaft in die Schuhe geschoben werden soll“, betonte von Knoblauch zu Hatzbach. © hil/sb/aerzteblatt.de

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