Medizin
Urintest für sporadische Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung entwickelt
Mittwoch, 5. Oktober 2016
London – Die sporadische Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, die häufigste Form der vermutlich durch Prionen verursachten degenerativen Hirnerkrankungen, könnte in näherer Zukunft durch einen Urintest diagnostiziert werden, den britische Forscher in JAMA Neurology (2016; doi: 10.1001/jamaneurol.2016.3733) vorstellen.
Ursache der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJD) sind nach heutiger Kenntnis sogenannte Prione. Das sind atypische Eiweiße, die ihre pathologische Struktur auf andere Eiweiße übertragen können, was zu sich ausbreitenden Ablagerungen im Gehirn führt.
Am bekanntesten sind die infektiösen CJD wie Kuru (übertragen durch den rituellen Verzehr menschlicher Gehirne), die iatrogene CJD (übertragen durch Transplantation infizierter Dura oder Hypophysenpräparate) und die neue Variante (übertragen durch den Verzehr des Fleisches von an BSE erkrankten Rindern). Sehr viel häufiger ist die sporadische Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (sCJD), bei der die Prionen durch Spontanmutationen im Gehirn entstehen.
Auf die sCJD entfallen 85 Prozent aller CJD. In Großbritannien beträgt das Lebenszeitrisiko 1 zu 5.000. Ein Kennzeichen der sCJD ist der ungewöhnlich schnelle Verlauf. Die meisten Patienten sterben innerhalb weniger Monate nach Symptombeginn. Es gibt noch eine seltenere familiäre CJD, bei der die Mutationen ererbt werden.
Die Diagnose der sCJD kann derzeit nur durch eine Kernspintomographie, eine Gehirn-Biopsie oder durch Untersuchung des Liquors gestellt werden. Diese Tests werden in der Regel erst im Spätstadium oder nach dem Tod durchgeführt, wenn nach einem ungewöhnlich raschen Verlauf der Demenz die Diagnose einer sCJD sehr wahrscheinlich ist.
Für die Suche nach möglichen Therapien wäre es günstiger, wenn die Diagnose frühzeitiger gestellt werden könnte. Ein Urintest wäre besonders willkommen, da das Material leicht zu gewinnen und der Test vielleicht sogar zum Screening genutzt werden könnte. Forscher am Institute of Neurology des University College London haben jetzt einen derartigen Test entwickelt. Es handelt sich um die Modifikationen eines früheren Bluttests, den die Forscher zur Diagnose der neuen Variante (vCJD) entwickelt hatten.
Für eine erste Prüfung wurden Proben von 162 Personen untersucht. Darunter waren 37 Patienten mit Prionenerkrankungen, davon 20 mit sCJD, sowie 125 Kontrollen, darunter 91 gesunde Menschen und 34 Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen, die nicht durch Prionen ausgelöst werden.
Wie das Team um Graham Jackson von der Prion Unit des Medical Research Council in London berichtet, erkannte der Urintest 10 von 37 Prionenerkrankungen, was eine magere Sensitivität von 27 Prozent ergibt. Etwas besser war der Anteil bei den Patienten mit sCJD. Hier wurden 8 von 20 Fällen erkannt. Die Sensitivität betrug demnach 40 Prozent, was für einen Diagnosetest noch immer ein schwaches Ergebnis ist.
Seine Stärke war die hohe Spezifität von 100 Prozent: Bei keiner der gesunden Kontrollen und auch bei keinem Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen gab es ein falsch-positives Ergebnis. Jackson hofft deshalb, dass der Test noch verbessert werden kann.
Obwohl es derzeit keine Heilung für diese Krankheit gibt, könnte eine genaue und frühe Diagnose für die Patienten und ihre Familien wichtig sein, meint Jackson. Eine Frühdiagnose sei auch eine wichtige Voraussetzung für die Suche nach Medikamenten, die die Erkrankung vielleicht im Frühstadium noch beeinflussen könnten. © rme/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.