Hochschulen
Studierende in Deutschland sind gestresst
Dienstag, 11. Oktober 2016
Berlin – Studierende in Deutschland sind im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen überdurchschnittlich gestresst. Das geht aus einer repräsentativen Online-Befragung des Lehrstuhls für Marketing der Universität Potsdam und des Lehrstuhls für Marketing und Business Development der Universität Hohenheim unter mehr als 18.000 Studierenden hervor, die im Auftrag des AOK-Bundesverbandes durchgeführt und heute in Berlin präsentiert wurde. Dabei bringen Studierende Stress mit Zeitdruck, Leistungsdruck, Angst vor Überforderung beziehungsweise Erwartungsdruck in Verbindung.
Insgesamt gaben bei der Befragung in diesem Sommer 53 Prozent der Studierenden in Deutschland ein hohes Stresslevel an. Auffällig sind die Unterschiede in den einzelnen Studienfächern: Das Stresslevel von Medizinstudierenden liegt leicht unter dem durchschnittlichen studentischen Stresspegel, während Studierende der Veterinärmedizin das höchste Stresslevel unter den Studierenden in Deutschland haben. Studierende der Sportwissenschaften sind dagegen mit Abstand am wenigsten von Stress betroffen.
Die Befragung zeigt auch: Weibliche Studierende leiden mehr unter den Anforderungen als ihre männlichen Kommilitonen, an staatlichen Universitäten sind Studierende gestresster als an privaten Hochschulen, und Bachelorstudenten fühlen sich mehr belastet als Studierende anderer Abschlussarten. „Es ist vor allem der Stress, der durch Zeit- und Leistungsdruck sowie die Angst vor Überforderung entsteht, der Studierenden das Leben schwer macht“, erklärte Studienleiterin Uta Herbst von der Universität Potsdam bei der Präsentation der Ergebnisse.
Ein Grund für dieses hohe Belastungsgefühl könne eine stärkere Reglementierung und eine erhöhte Prüfungsbelastung sein. In den vorliegenden Befragungsergebnissen mache sich offenbar der Druck, der aus den gestiegenen Anforderungen an den Unis entsteht, bemerkbar, sagte Herbst. Viele Studierende plagten sich auch mit zu hohen Erwartungen an sich selbst.
Weniger ins Gewicht fielen dagegen die bekannten Stressoren des Alltags, wie die Pflege von sozialen Kontakten oder die ständige Erreichbarkeit durch die modernen Medien. Aber auch Studierende mit Nebenjobs seien im Vergleich zu Hochschülern, die sich ausschließlich aufs Studium konzentrieren, nicht gestresster, erklärte Herbst. Im Gegenteil: Studierende, die einer Tätigkeit von bis zu 15 Stunden pro Woche nachgehen, seien sogar weniger gestresst.
Die Mehrheit der Studierenden ist der Umfrage zufolge einerseits in der Lage, den Stress selbst zu bewältigen. Die Befragung zeigt andererseits aber auch, dass Studierende eher über eine geringe Stressresilienz verfügen. „Der Umgang mit Stress vor und in Prüfungssituationen ist ein wichtiger Lernprozess und gehört daher auch ein Stückweit zu einem Studium dazu. Denn schwierige Situationen und Zeitdruck werden die jungen Menschen auch in ihrem späteren Berufsleben bestehen müssen“, sagte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. Wer es aber nicht alleine schaffe, mit den Belastungen positiv umzugehen, sollte sich Hilfe organisieren.
„Spätestens wenn sich der Stress negativ auf die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit auswirkt, ist es höchste Zeit für professionelle Unterstützung und Beratung“, erläuterte der Leiter der Studienberatung und Psychologischen Beratung der Freien Universität Berlin, Hans-Werner Rückert.
Dazu gebe es zahlreiche etablierte Angebote, wie die zentrale Studienberatung, die 75 Prozent der Studierenden kennen und die von einem Viertel aller Studierenden in Anspruch genommen wurde. „Die Hälfte der Studierenden wünscht sich den Ausbau von Beratungsangeboten zur Stressbewältigung durch die Hochschule und externe Organisationen“, sagte Litsch. Die AOK verstehe dies als Auftrag, sich in Sachen Umgang mit Stress als Gesundheitskasse stärker für diese jungen Menschen einzusetzen. © ER/aerzteblatt.de

"Magical Mystery Tour" bei AOK, Uni-Potsdam und -Hohenheim?
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/krankenkassen/article/921122/aok-studie-studenten-staerker-gestresst-arbeitnehmer.html
Studentinnen und Studenten fühlen sich einfach mehr gestresst als Beschäftigte in Lohn und Brot, weil sie Befragungen und dahinter stehende Forschungsabsichten besser durchschauen als die Allgemeinbevölkerung. Auch wird eine zusätzliche online-Befragung von "digital natives", die sich eh schon permanent und laut Techniker Krankenkasse(TK)-Studie "zur Stressbewältigung" im Internet und sozialen Medien bewegen, als weitere Erhöhung des allgemeinen Stress-Pegels empfunden.
Befragt man Arbeitnehmer im Ruhrgebiet zum Thema Stress mit der bei uns üblichen Frage "Wie isset?" bekommt man zur Antwort "Muss!" oder "Läuft!". Da wird eine Stress-Befragung oft gar nicht als solche wahrgenommen.
Absolut magisch sind die sozialwissenschaftlich-empathischen ("Das gesamte Hochschulsystem ist mit Angst aufgeladen": Hans-Werner Rückert, Leiter der Studienberatung an der Freien Universität Berlin) und damit beeinflussten Studienergebnisse: "Der Stresslevel der Studentinnen liegt bei 101,9 Prozent, derjenige der männlichen Kollegen hingegen bei 98,1 Prozent" und schlimmer noch, "Auf der Skala der Stresslevel belegen die Fächer Veterinärmedizin (105,6 Prozent), Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften (105,1 Prozent) sowie Informatik (103,6 Prozent) die Spitzenplätze".
Es wäre aufschlussreich zu erfahren, ob das obere Ende dieser Skala beim Stresslevel nun bei 200 Prozent oder gar bei 250 Prozent gelegen hat. Gender-forschungsmäßig blamabel sind die selbstverständlich undiskutiert gebliebenen Forschungsergebnisse vom "schwachen Geschlecht", das unter Studier-Belastungen in dieser Studie noch mehr schwächelte.
Vollends unglaubwürdig bleiben in dieser pseudo-"empirischen" Sozialforschung Prozentangaben über 100 Prozent beim Stresslevel. Sie sind in etwa so seriös, wie die Wahl-Ergebnisse in der DDR-Volkskammer, mit der sich die Genossen Walter Ulbricht und Erich Honnecker regelmäßig wählen ließen.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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