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Politik

Portalpraxen an allen Kliniken scheitern schon am Ärztemangel

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Berlin – Bei der Diskussion um überfüllte Notfallaufnahmen in den Kliniken hat das Zen­tral­institut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zu mehr Realitätssinn gemahnt. Neue Berechnungen des Instituts zeigten zum Beispiel, dass es nicht möglich sei, an allen Krankenhäusern sogenannte Portalpraxen einzurichten. „Es gibt gar nicht genug nie­der­gelassene Ärzte, um solche Portalpraxen durchgehend und an allen Klinik­standorten zu besetzen“, erklärte der Zi-Geschäftsführer Dominik von Stillfried.

Hintergrund der Diskussion ist, dass immer mehr Patienten die Notaufnahmen von Kran­kenhäusern aufsuchen – auch ohne ein Notfall zu sein und sogar innerhalb der regulä­ren Praxisöffnungszeiten. Dem wollen Politiker nun mit vorgelagerten Anlauf­stellen ent­ge­gensteuern, die Betroffenen Orientierung beim weiteren Behandlungsweg liefern – den Portalpraxen.

Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) richten diese bereits in Kooperation mit Kliniken ein. Aufgrund seiner Modellrechnungen warnt das Zi aber jetzt vor übertriebenen Er­war­tungshaltungen bei Politik und Krankenkassen.

Das Institut geht in seiner Modellrechnung von 1.600 Klinikstandorten aus, die in Deut­sch­land an der Notfallversorgung teilnehmen. Um diese Praxen von 7 bis 23 Uhr zu be­setzen, wäre ein Zwei-Schicht-Betrieb von je acht Stunden notwendig. Dies würde be­deu­ten, dass jeder der 55.400 Hausärzte in Deutschland zusätzlich zu den bestehen­den Be­reitschaftsdiensten im Schnitt 21 Dienste im Jahr leisten müsste, also jede zweite Woche eine Schicht in einer Portalpraxis.

„Eine solche Zusatzbelastung ist angesichts des ohnehin bestehenden Mangels an haus­ärztlichem Nachwuchs weder jetzt noch künftig durchsetzbar“, sagte von Stillfried. Bei einem durchschnittlichen Stundenhonorar von 100 Euro würde hierfür rechnerisch ein zusätzlicher Honorarbedarf von knapp einer Milliarde Euro entstehen. Berücksichtige man auch die Sach- und Personalkosten für den Betrieb einer Portalpraxis, könnten die zusätzlichen Gesamtkosten rund 1,7 Milliar­den Euro betragen.

Noch dramatischer stellt sich die Situation laut den Zi-Berechnungen für die Kinder­heil­kunde und für fachspezifische Portalpraxen dar. „Diese Modellrechnung zeigt, dass die Einrichtung von Portalpraxen mit einer fachspe­zifischen durchgehenden Besetzung an jedem Krankenhaus ein gesundheitspolitischer Wunschtraum ist“, zieht von Stillfried ein Fazit der Berechnungen.

Er schlägt stattdessen vor, die Angebote in der Notfallversorgung auf wenige ausge­wähl­te Standorte zu begrenzen. Langfristig mache ein Strukturwandel Sinn: Dafür sollten künf­tig ambulante Zentren an ausgewählten Klinikstandorten eine qualifizierte Ver­sor­gung im Normal­betrieb statt im Bereitschaftsdienst anbieten.

„Das symbolische Erdgeschoss des Krankenhauses würde somit der ambulanten Be­hand­lung gemäß Planung der Kassenärztlichen Vereinigungen gewidmet. Soweit er­for­derlich, würde die stationäre Behandlung im ersten Stock beginnen, wohin die Patienten nur noch mit ärztlicher Einweisung gelangen könnten“, fasste der Zi-Geschäfts­führer das Konzept zusammen. Krankenhausstandorte ohne entsprechende Portalpraxis oder am­bulantes Versorgungszentrum dürften an der Notfallversorgung dann nicht mehr oder nur eingeschränkt teilnehmen.

Auf der Herbsttagung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Anfang Oktober hatte sich auch dessen Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen gegen Doppelstrukturen ausgesprochen. Es sei „sinnfrei“, Portalpraxen an allen Krankenhäusern einzurichten, so der KBV-Chef. © hil/aerzteblatt.de

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