Politik
Hepatitis C: IQWiG findet Anhaltspunkt für Zusatznutzen für neue Wirkstoffkombination
Dienstag, 18. Oktober 2016
Köln – Die Wirkstoffkombination Sofosbuvir/Velpatasvir (Handelsname Epclusa) bietet Patienten mit chronischer Hepatitis C möglicherweise einen Vorteil bei zwei von zehn Indikationen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). In einer frühen Nutzenbewertung fand das Institut für acht von zehn Fragestellungen keinen Zusatznutzen gegenüber der jeweiligen zweckmäßigen Vergleichstherapie mangels geeigneter Studiendaten. Für eine Fragestellung konnten die Forscher aber einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen, für eine weitere einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen finden.
Hepatitis C wird laut IQWiG durch eine Infektion mit einem RNA-Virus verursacht, von dem es mehrere Genotypen gibt. Die Therapie hängt unter anderem davon ab, ob die Patienten bereits eine Zirrhose haben und ob diese kompensiert oder dekompensiert ist – ob also das noch nicht erkrankte Lebergewebe die Funktion des Organs aufrechterhalten kann oder dafür nicht mehr ausreicht.
Daher hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) acht Gruppen von Patienten definiert und zwei davon weiter in Untergruppen aufgeteilt, sodass die IQWiG-Wissenschaftler insgesamt zehn Fragestellungen zu bearbeiten hatten. Die zweckmäßigen Vergleichstherapien bestehen bei neun Indikationen aus anderen antiviralen Therapien und bei Patienten mit den Genotypen 2 bis 6 und dekompensierter Zirrhose aus einer patientenindividuell optimierten Behandlung zur Linderung von Symptomen wie Schmerzen und zur Verbesserung der Lebensqualität.
Für Patienten, die mit Viren des Genotyps 2 infiziert sind, konnten die Forscher einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen finden. Dazu werteten sie Daten aus der Studie ASTRAL-2 aus, in der Patienten ohne Zirrhose oder mit kompensierter Zirrhose zwölf Wochen antiviral in beiden Armen behandelt wurden.
Allerdings sei die Aussagekraft der Ergebnisse eingeschränkt, da die Therapie im Vergleichsarm nicht gemäß Sofosbuvir-Zulassung auf 24 Wochen verlängert wurde, so die Wissenschaftler. Negativ hätte sich auch die fehlende Auswertung zum Endpunkt „dauerhaftes virologisches Ansprechen“ 24 Wochen nach Therapieende ausgewirkt. Dem IQWiG lagen nur Daten zum virologischen Ansprechen zwölf Wochen nach Therapieende vor.
Bei der Auswertung fanden die Forscher in den Endpunktkategorien Mortalität und gesundheitsbezogene Lebensqualität keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Studienarmen. Bei der Morbidität ergab sich für Männer ein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen der neuen Kombination, für Frauen dagegen nicht. Hier gilt das dauerhafte virologische Ansprechen als hinreichend valides Surrogat für den patientenrelevanten Endpunkt Leberzellkrebs. Bei zwei Nebenwirkungen – Ermüdung und psychiatrische Erkrankungen – zeigte sich zudem ein Anhaltspunkt für einen geringeren Schaden der neuen Kombination in der gesamten Studienpopulation. „Insgesamt gibt es daher für diese Indikation einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Sofosbuvir/Velpatasvir gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie“, so die Wissenschaftler.
Um den Zusatznutzen für Patienten mit Virus-Genotyp 3 zu bewerten, analysierte das Institut Daten aus der Studie ASTRAL-3. Darin wurde eine 12-wöchige Behandlung mit der neuen Wirkstoffkombination mit einer 24-wöchigen antiviralen Vergleichstherapie verglichen.
Durch die unterschiedlichen Behandlungsdauern und unterschiedlichen Beobachtungszeiträume sind die Daten dem Institut zufolge zu vielen Endpunkten nicht sinnvoll auswertbar. Deshalb konnten die Wissenschaftler höchstens Anhaltspunkte ableiten. Diese ergaben beim dauerhaften virologischen Ansprechen einen Vorteil der neuen Wirkstoffkombination gegenüber der Vergleichstherapie. Beim Endpunkt „Abbruch wegen unerwünschter Ereignisse“ fanden die Forscher zudem Anzeichen für einen geringeren Schaden. Für andere Endpunkte konnten sie jedoch keine Aussagen treffen. „Insgesamt ergibt sich daraus ein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen der neuen Wirkstoffkombination, der aber nicht quantifizierbar ist“, lautet deshalb ihr Fazit.
Für Patienten, die mit Viren des Genotyps 1 infiziert sind, und solche ohne Zirrhose, die mit Viren des Genotyps 4 infiziert sind, lagen dem IQWiG lediglich nicht adjustierte historische Vergleiche vor. Aussagen zum Zusatznutzen wären auf dieser Basis nur dann möglich, wenn die beobachteten Effekte so groß wären, dass sie nicht auf einer systematischen Verzerrung beruhen können. Solche sogenannten dramatischen Effekte konnten die Wissenschaftler aber nicht feststellen.
Für die übrigen vier Indikationen hatte der Hersteller Daten zur neuen Wirkstoffkombination eingereicht, nicht aber zu den entsprechenden zweckmäßigen Vergleichstherapien. „Auf dieser Basis lässt sich für die Fragestellungen der Nutzenbewertung kein Zusatznutzen ableiten“, so die IQWiG-Wissenschaftler. © hil/sb/aerzteblatt.de

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