Politik
EuGH kippt Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente
Mittwoch, 19. Oktober 2016
Luxemburg/Berlin – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gekippt. Die Festlegung einheitlicher Abgabepreise benachteilige Versandapotheken im EU-Ausland und beschränke somit den freien Warenverkehr in der EU, befand der EuGH in einem heute in Luxemburg verkündeten Urteil. Die deutschen Apotheker zeigten sich schockiert von der Entscheidung. (Az. C-148/159).
Im Ausgangsfall hatte die Deutsche Parkinson Vereinigung mit der niederländischen Versandapotheke DocMorris ein Bonussystem für ihre Mitglieder ausgehandelt. Demnach sollten Kranke einen Rezeptbonus von 2,50 Euro erhalten sowie einen Extranachlass von 0,5 Prozent auf den Arzneipreis. Dagegen klagte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.
Der EuGH befand nun, die deutsche Festlegung einheitlicher Abgabepreise benachteilige Apotheken im EU-Ausland. Ihnen könnte damit der Zugang zum deutschen Markt im Vergleich zu inländischen Anbietern erschwert werden. Solch ein Handelshemmnis sei weder im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit noch auf eine flächenmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gerechtfertigt. Laut Urteil ist der Versandhandel für ausländische Apotheken „ein wichtiges, eventuell sogar das einzige Mittel“, um einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt zu erhalten.
Nach Auffassung des Gerichtshofs könnte mehr Preiswettbewerb unter den Apotheken auch zu einer „gleichmäßigen Versorgung mit Arzneimitteln“ in der Fläche führen: Apotheker bekämen so Anreize zur Niederlassung in Gegenden, in denen wegen der geringeren Zahl an Konkurrenten höhere Preise verlangt werden könnten. Ein Preiswettbewerb könne zugleich auch den Patienten Vorteile bringen, weil sie verschreibungspflichtige Arzneimittel zu günstigeren als den derzeit festgelegten Preisen erwerben könnten.
Deutschlands Apotheker regierten „entsetzt“ auf die Entscheidung. „Es kann nicht sein, dass ungezügelte Marktkräfte über den Verbraucherschutz im Gesundheitswesen triumphieren“, erklärte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Friedemann Schmidt. Er forderte die Bundesregierung auf, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten zu verbieten.
Solch ein europarechtlich mögliches Verbot des Versandhandels forderte auch die unterlegene Wettbewerbszentrale. Das Urteil werde „massive Auswirkungen auf den Apothekermarkt haben“. Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil hiesiger Apotheken führten zu einer „Inländerdiskriminierung“, erklärte die Organisation.
Einigkeit bei den Bundestagsfraktionen
Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, bezeichnete das Urteil als „schweren Schlag“ für Patienten. Denn es bedeute eine Stärkung des Versandhandels und bedrohe „nicht zuletzt Apotheken auf dem Lande“. Wie zu befürchten gewesen sei, sei dem europäischen Gericht der freie Warenverkehr und Preiswettbewerb wichtiger als die Sicherstellung von Notfallversorgung und persönlicher Beratung in der Apotheke vor Ort. „Die Arzneimittelsicherheit und die flächendeckende wohnortnahe Versorgung können dabei auf der Strecke bleiben“, warnte sie.
Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft der Grünen Bundestagsfraktion, betonte, Apotheken und Versandapotheken bildeten wichtige Bestandteile der Gesundheitsversorgung und bedienten unterschiedliche Verbraucherinteressen. „Vor diesem Hintergrund war die Preisbindung gerechtfertigt – weil es bei Arzneimitteln um die Qualität in der Versorgung und nicht um Preiskampf gehen darf“, sagte sie. Sie fordert die Bundesregierung auf, „umgehend“ einen Plan B auf den Tisch zu legen, der auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige und bezahlbare Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln sicherstelle.
Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes, das Urteil löse „Handlungsbedarf für den Gesetzgeber“ aus. „Da wir aber auch erst einmal das schriftliche Urteil und die Begründung abwarten müssen, kann es keine Adhoc-Lösungsvorschläge geben“, sagte sie. Das Wichtigste für die SPD-Fraktion sei, dass die Versorgung der gesamten Bevölkerung, auch in ländlichen Regionen mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln, sichergestellt sei und ein fairer Wettbewerb zwischen den Apotheken herrsche. „Nach diesen Leitlinien werden wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner nach einer Lösung suchen“, erklärte sie.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Michalk, betonte, angesichts des Urteils erscheine „ein Versandhandelsverbot für deutsche Arzneimittel überlegenswert“. Für die inhabergeführten Apotheken dürften in Deutschland aufgrund des Urteils keine Wettbewerbsnachteile entstehen, sagte sie. „Apotheken sind ein wichtiger Bestandteil einer sicheren und verlässlichen medizinischen Versorgung vor Ort.“
BMG will Urteil prüfen
In einer ersten Reaktion teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit, die Preisbindung sei nach dem Urteil nicht mehr auf Versandapotheken im EU-Ausland anwendbar. Konsequenzen würden nun geprüft. „Die Gewährleistung einer flächendeckenden, wohnortnahen Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken“ habe für die Bundesregierung jedenfalls „weiterhin Priorität“, teilte das Ministerium mit.
Gesundheitsminister Hermann Gröhe hatte bereits kürzlich zur Eröffnung des Deutschen Apothekertags angekündigt, man werde das Urteil „sorgfältig prüfen“ und „alle Schritte ergreifen“, die Qualität und Sicherheit und eine wohnortnahe Apothekenversorgung zu garantieren. Nach Angaben des BMG ist ein Ziel der Preisbindung zu verhindern, dass Medikamente zu teuer und Krankenkassenbeiträge unbezahlbar werden.
Heute unterstrich der Minister noch einmal seine Haltung. „Für die Menschen in unserem Land ist Qualität und Sicherheit in der Arzneimittelversorgung unabdingbar mit einem flächendeckenden Netz wohnortnaher Apotheken verbunden. Der Versandhandel kann die wohnortnahe Versorgung durch Präsenzapotheken nicht ersetzen“, sagte er. Es gelte, bewährte Strukturen weiter zu erhalten. Dazu gehöre die inhabergeführte Apotheke. Die unmittelbare persönliche Verantwortung der freiberuflich tätigen Apotheker sei „ein Garant dafür, dass sich die Menschen vor Ort kompetent sowie vertrauensvoll beraten und versorgt fühlen“. © afp/dpa/may/aerzteblatt.de

Hoffentlich irren Sie sich nicht @kairoprax
Es ist ein Handelsunternehmen, das wiederum einen Hersteller damit beauftragt hat, der aber nicht liefern kann.
Von dem 2. Vertragshändler muss ich fast jede 2. Tablette wegwerfen, da sie sich trotz Teilungsrille weder mit einem Tablettenteiler, noch mit dem Messer in 2 gleiche Stücke teilen kann. Mit den Fingern zu teilen, fast unmöglich. Wenn es nicht beim ersten mal klappt, kann ich sie gleich wegwerfen. Ich vermute sogar dass die Rille nur produktionsbedingt ist.
Auf dem Beipackzettel steht nämlich nicht, dass sie teilbar ist, sondern nur, dass man evtl. mit der Hälfte der Dosierung beginnen sollte. Aber die halbe Dosierung ist als Tablette nicht verfügbar.
Andererseits gibt es Tabletten, die zwar eine wirklich Teilungsrille haben (Phenprocoumon), aber tatsächlich nicht genau brechen.
Ich dachte auch einmal, die Pharmafirmen sind schuld, aber es ist nun mal ein großer Forschungsaufwand nötig. Wenn ich mich nicht irre, erreicht nur jede 100. Entwicklung die Marktreife.
"Chorknaben" sind die Firmen natürlich nicht. Aber erst jetzt wurde ein Medikament entwickelt, bei dem eine unter Umständen tödliche Nebenwirkung nicht auftritt, nämlich eine Q-T-Zeitverlängerung, wie sie bei allen vergleichbaren Medikamten (Psychopharmaka) auftritt. Insbesondere im Zusammenhang mit Amiodaron ist es sehr gefährlich.
Was macht der G-BA? Er erkennt keinen Zusatznutzen und tritt nicht in Preisverhandlungen ein. Insbesondere die Vertreter des Spibu waren dagegen. Beschluss ist Beschluss. So gab es alleine für "meinen" Bereich schon 3 Fehlentscheidungen des G-BA.
Das kommt davon, wenn die Krankenkassen nur aufs Geld schauen und keine Fachkenntnis aufweisen können. Das neue Medikament ist leider zunächst 4 - 5 mal so teuer. Aber so gefährdet man Menschenleben. Irgendwo muss auch der Hersteller von Generika sparen. Mittlerweile hat ich sogar das Gefühl, dass die Wirkstoffäquivalenz auch noch abweicht. Erlaubt sind nämlich zwischen 85 und 125 %. Seriöse Firmen für Generika liegen höchstens bei +/- 5 %.
Apotheken müssen beraten und sollen das auch, ich habe das gestern erst gemerkt, als ich mir Amiodaron geholt habe. Ich musste schon das bisherige Medikament (Sertralin) stark einschränken, bzw. Venlafaxin weglassen. Früher stand auf den Beipackzetteln auch die lieferbare Dosierung und ob sie teilbar sind oder nicht.
Nichts gegen Sparmaßnahmen. Aber die können nach "hinten losgehen". Bei den "Kassenrabatten" ist eigentlich alles klar. Der "preisgünstigste" bekommt den Zuschlag, die Leistungsfähigkeit wird nicht geprüft.
Gestern habe ich erfahren, dass auch bei den Blockbustern "Statine" noch ein Informationsmangel herrscht. Nämlich Atorvastatin vs. Simvastatin. 2005 wurde auch kein Zusatznutzen bescheinigt, weil die Wirkung auf 1: 1 festgesetzt wurde. Dadurch verschreiben heute noch die Ärzte heute noch das scheinbar billigere Simvastatin, statt Atirvastatin. Tatsächliche Wirkung: Atorvastatin ist mehr als doppelt so wirksam, wie Simvastatin und damit billiger mit weniger Wechselwirkungen.
Ich frage mich, wie die Krankenkassen jetzt reagieren. Werden sie jetzt die Apotheken, die beraten auf den "Internetpreis" herunterdrücken?
Gerade die großen werden sich das leisten können, sie machen ja die Zusammenschlüsse gerade deshalb weil sie mehr Marktmacht haben. Was bei den Verträgen dabei rauskommt, muss der Patient wohl ausbaden. Ständig andere Firmen und sogar die Tabletten sind nicht mehr zu vierteln, sondern nur noch zu halbieren. Da lasse ich mir demnächst kleinere Teildosen verschreiben und dann bleiben mir von 14 Teilen einige im Hals stecken.
Bei noch 118 Krankenkassen herrscht so wie so ein Preiskampf. Möglichst schnell die Krankengeldbezieher auf Reha schicken, das zahlt ja dann die RV im allgemeinen, obwohl mitunter keine Rehafähigkeit vorliegt. "Arbeitsfähig" aus Reha entlassen, obwohl der Arzt weiterhin das Gegenteil bescheinigt. Interessiert nicht. Dann gehen die Streitereien los. Widerspruch - ablehnen - Anwalt - doch weiterzahlen, weil für bisherige Tätigkeit AU und keine Verweisungstätigkeit, weil diese erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein darf. Auch zur Kündigung haben die Krankenkassen schon am Telefon geraten.
In solchen Fällen machen sie die Menschen gesund. In anderen Fällen gehen die Kassenmitarbeiter zu den Ärzten und fragen mal so beiläufig, ob nicht doch eine schwerwiegendere Krankheit vorliegt. Denn dann erhalten sie natürlich mehr aus dem "Topf".
Außerdem täuschen die Preise im Ausland, oft werden diese nämlich von der Regierung subventioniert (weis ich von Frankreich). Also einer zahlt immer die Rechnung.
Mauscheln, dass tun die Krankenkassen bestimmt nicht mit den Pharmafirmen, denn sie drücken die Preise, indem sie bei neuen, weil teuren Medikemanten keinen Zusatznutzen anerkennen. Dann dürfen die Hersteller nur knapp über dem angeblich vergleichbarem Medikament liegen. Einmal es dadurch schon Böhringer Ingelheim ein Antidiabetikum nicht hergestellt hat, weil der G-BA andeutete er sehe keinen Zusatznutzen, obwohl durch dieses neue Medikament die Niere nicht belastet worden wäre. In einem anderen Fall hat die Firma "Lund" den Vertrieb in Deutschland eingestellt. (Vortioxitin, das keine Q-T-Zeit Verlängerung verursacht).
Bald werden die Firmen für Deutschland den Vertrieb von neuen Medikamenten einstellen.
Aber da Sie Arzt sind, erlaube ich mir Sie darauf hinzuweisen (als Patient), dass Sie solche Medikamente auch auf "Kassenrezept" ausstellen dürfen, wenn der Patient das benötigt. Das ist im § 31, Abs. 1, Satz 4 SGB V so festgelegt. Da braucht auch die Kasse nicht vorher gefragt zu werden. Geht auch für Medikamente aus dem Ausland. Ich habe mich da extra (weil Ausland, für Inland habe ich schon Gebrauch davon gemacht) bei der UPD erkundigt. Diese berät die Patienten auch in rechtlicher Hinsicht. Ich bekam gleich dazugesagt, wenn die Kassen das ablehnen, müssen sie Widerspruch einlegen.
Als Arzt müssen Sie damit rechnet, dass Sie von der Kasse wegen Rückfragen deshalb Ihre kostbare Zeit gestohlen bekommen.
Das derzeitige System und Gebaren im Gesundheitswesen wird immer mehr zur "Kloake". Ich habe leider das "Glück" mit Mehrfacherkrankungen und sammele viel Erfahrungen und habe als voll EM-Rentner ein klein wenig mehr Zeit, mich zu informieren.
Aber es ist eine Schande, dass der Spitzenverband Bund als großartiger fachlicher Nicht Wisser das Sagen hat.

möglicherweise hört das Gemauschel jetzt endlich auf
Man kann tatsächlich mit dieser Entscheidung die Hoffnung verknüfen, daß die Mondpreise für viel zu viele Phramaprodukte endlich der Vergangenheit angehören werden.
Auch die absolut undurchsichtigen Krankenkassenrabatte werden überflüssig, sie werden sogar kontraproduktiv sein. Die einzig Leidttragenden werden die großen Krankenkassen sein, die ihre schwarzen Geschäfte nicht mehr mit der Industrie machen können.
Die Industrie muß in einem geeinten Europa aufhören damit, in Deutschland andere Preise anzubieten, als z.B. in Portugal.
Es sind schöne Aspekte.
Was die Apotheken vor Ort angeht, ist das EuGH-Urteil mittelfristig ebenfalls ein Segen. Auch die Apotheken vor Ort dürfen jetzt Medikamente dort einkaufenb, wo sie am preiswertesten sind. Man sollte sich ohnehin verabschieden von der bisher gepflegten Apothekerbeteiligung am Warenumsatz und Pauschalen einführen für das Management rund ums Rezept, die Bestellung, die Beratung. Es würde den Apothekerberuf aufwerten.
Dieses Urteil kann endlich dazu führen, die Pharmaindistrie wegzubringen vom Shareholder-Value, der höher steht als der medizinische Nutzen. Uns Beitragszahler wird es definitiv entlasten.

Nachrichten zum Thema




Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.