NewsMedizinStudie: Mundbakterien könnten Migräne fördern
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...

Medizin

Studie: Mundbakterien könnten Migräne fördern

Mittwoch, 19. Oktober 2016

dpa

San Diego – Die Flora der Mundschleimhaut enthält bei Migränepatienten mehr Bakterien, die Nitrate abbauen können, als bei anderen Menschen. Dies kam in einer Analyse in mSystems (2016; doi: 10.1128/mSystems.00105-16) heraus. Erklärt sie, warum nitrathaltige Nahrungsmittel bei einigen Menschen Kopfschmerzen auslösen?

Viele Gemüse-Arten wie Rucola und andere Blattsalate, Spinat, Kohlrabi, Rote Beete, Radieschen oder Rettich enthalten hohe Nitratkonzentrationen. Auch einige Lebensmittelzusatzstoffe wie Natriumnitrat (E 251) und Kaliumnitrat (E 252), die bei Fleisch- und Wurstwaren als Konservierungsmittel verwendet werden, enthalten größere Mengen. Bei einigen Menschen löst der Verzehr dieser Nahrungsmittel Kopfschmerzen aus. Auch einige Migränepatienten kennen sie als Trigger für eine Migräneattacke.

Kopfschmerzen sind zudem eine bekannte Nebenwirkung von Nitro-Präparaten, die bei einer akuten Angina pectoris die Schmerzen lindern, bei den meisten Patienten jedoch Kopfschmerzen auslösen. Dieser „Nitroglycerin“-Kopfschmerz war bereits im 19. Jahrhundert in den Sprengstofffabriken Alfred Nobels aufgefallen. Seine Ursache ist eine rasche Vasodilation, die über das Abbauprodukt Stickoxid vermittelt wird.

In den Koronarien verbesserte dies die Durchblutung, was eine Angina-Attacke rasch beenden kann (außer bei einem Infarkt). Im Gehirn kommt es durch die Erweiterung der Gefäße zu Kopfschmerzen. Sie sind nach der verbreiteten „vaskulären Hypothese“ die Ursache von Migräne-Attacken.

Die Nitrate in der Nahrung haben diese Wirkung erst, wenn sie durch eine chemische Reaktion in Nitrite umgewandelt werden. Die dafür notwendigen Enzyme gibt es nur in Bakterien, menschliche Zellen sind dazu nicht in der Lage. Es ist seit langem bekannt, dass einige Bakterien des Gastrointestinaltraktes Nitrite bilden. Ein Team um Rob Knight von der Universität von Kalifornien hat zu dieser Frage die Darm- und Mundflora von Migränepatienten und gesunden Vergleichspersonen ausgewertet.

Die Proben stammen aus dem American Gut Project. Bei den 1.996 Stuhlproben fanden die Forscher keine Korrelation zur Zusammensetzung der Darmflora. In den 172 Abstrichen der Mundschleimhaut fanden die Forscher jedoch häufiger bakterielle Gene für den Abbau von Nitraten, Nitriten und Stickoxiden, wenn die Personen im Fragebogen angegeben hatten, dass sie unter Migräne leiden.

Dies allein beweist den Zusammenhang freilich noch nicht. Es bleibt möglich, dass die Bakterien nur eine zufällige Begleiterscheinung sind. Der nächste Schritt müsste darin bestehen, die Mundflora von Migränepatienten von Bakterien zu befreien, die Nitrate reduzieren können. Auch die Entwicklung von Probiotika wäre vorstellbar. Solange diese Interventionen nicht verfügbar sind, bleibt Migränepatienten nur die Möglichkeit, Nitrat-haltige Nahrungsmittel zu vermeiden und zu hoffen, dass sich dadurch ihre Kopfschmerzen bessern. © rme/aerzteblatt.de

Themen:

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.
LNS
VG WortLNS

Fachgebiet

Stellenangebote

    Weitere...

    Aktuelle Kommentare

    Archiv

    NEWSLETTER