Politik
Apotheker fordern Verbot von Boni auf Arzneimittelpreise
Freitag, 21. Oktober 2016
Berlin – Die deutschen Apotheker verlangen eine sofortige Gesetzesänderung, um die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlaubten Rabatte auf Arzneimittel im Versandhandel wieder abzuschaffen. Dafür werde die Apothekerschaft eine bundesweite Kampagne auflegen, kündigte der Präsident der Vereinigung der Apothekenkammern und -verbände, ABDA, Friedemann Schmidt, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an.
„Wir werden aus allen Rohren schießen. Dieser destruktive Eingriff in die Rechtsordnung, in funktionierendes Gesundheitswesen muss geheilt werden“, sagte Schmidt der Zeitung. Die Änderung sei binnen weniger Wochen im Rahmen des derzeit beratenen Arzneimittelgesetzes möglich.
EuGH kippt Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente
Luxemburg/Berlin – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gekippt. Die Festlegung einheitlicher Abgabepreise benachteilige Versandapotheken im EU-Ausland und beschränke somit den freien Warenverkehr in der EU, befand der EuGH in einem heute in Luxemburg verkündeten Urteil. Die deutschen Apotheker zeigten sich schockiert [...]
Nach dem Urteil der Luxemburger Richter müssen sich ausländische Versandapotheken nicht an die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten. Bayern kündigte deshalb bereits eine Bundesratsinitiative an, um den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Deutschland zu verbieten.
Rückendeckung erhält Schmidt auch von der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Präsident Theodor Windhorst sprach sich heute ebenfalls für ein Versandhandelsverbot aus. Er sieht eine Gefahr für die einheimischen Apotheken und die Patienten. Die Apotheken im Land haben nach Ansicht von Windhorst bei der Medikamentenversorgung der Patienten eine wichtige informative und aufklärende Funktion und trügen so auch zur sicheren Anwendung von Arzneimitteln ihrer Kunden bei. Zudem sei auch das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und dem Apotheker vor Ort von Bedeutung.
„All dies fällt bei dem Apothekenversandhandel weg. Durch die Rabatte können Versandapotheken den einheimischen Apotheker unterbieten und sind so die Gewinner und Nutznießer des offenen Marktsystems.“ Es sei grundsätzlich gut, wenn sich der Markt öffne, sagte Windhorst. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, dass es einseitig einen
Gewinner, auf der anderen Seite aber mehrere Verlierer, nämlich die Patienten und die
Apotheken vor Ort, gebe. Windhorst fordert deshalb das Land Nordrhein-Westfalen auf, sich im Bundesrat für ein Verbot des Apothekenversandhandels einzusetzen und die Initiative von Bayern zu unterstützen. © dpa/aerzteblatt.de

Preisbindung für Rezeptpflichtige Medikamente
Die Rabatte die nun vom Internet kommen, gehen an die Versicherten, weder in unser soziales Sicherungssystem, noch an die Krankenkassen. Somit wird es für Patienten umso lukrativer, je mehr Positionen auf dem Rezept stehen. Pro Arzneimittel sind da bis zu 3 Euro drin, bei einem Rezept mit 3 Positionen also sogar 9 Euro pro Rezept.
Wie können die Ärzte das hinnehmen?
Hinzu kommt, dass die Versandapotheken nicht am Apothekennotdienst teilnehmen. Wie soll dieser bestehen bleiben, wenn die Apotheken schließen müssen, weil sie mit den Preisen der Versandapotheken nicht mithalten können.
Zum anderen geht es hier um Verbraucherschutz
Die Preisbildung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist in Deutschland gesetzlich geregelt.
Die "Arzneimittelpreisverordnung" schreibt die Preisbildung auf allen Handelsstufen akribisch vor.
Der Sinn ist, sicherzustellen, dass verschreibungspflichtige
Arzneimittel, die lebensnotwendig, lebensrettend oder lebensverlängernd sind, überall in
Deutschland zu exakt dem selben Preis zu beziehen sind.
Freigabe der Preise bedeutet ja nicht automatisch, dass alles billiger wird; der Preis könnte ‐ je nach
Marktsituation ‐ auch angehoben werden. Man stelle sich vor, ein schwerkranker Patient, der selbst
nicht mehr mobil ist und auch kaum noch in der Lage, selbst Preisvergleiche anzustellen, ist auf den
Bezug seiner Medikamente aus der nächstgelegenen Apotheke angewiesen. Dieser Patient hat nicht
die Wahl, ob er für sein Antibiotikum dann 10€, 15€ oder 20€ bezahlen muss...er ist darauf
angewiesen es möglichst schnell zu bekommen "koste es, was es wolle".
Im Übrigen schreibt der Staat nicht nur bei Arzneimitteln die Preise vor, er tut es auch bei Büchern
und Tabakwaren und gibt auch die Honorare der freien Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte,
Steuerberater...) mittels Gebührenordnungen vor.
Es ist Zeit unser soziales Sicherungssystem zu wahren.

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