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Medizin

On- oder Off-Pump? Bypassoperation am schlagenden Herzen langfristig ohne Vorteile

Montag, 24. Oktober 2016

dpa

Hamilton – Eine Bypass-Operation ohne Herz-Lungenmaschine (Off pump), die unter Herzchirurgen viele Anhänger hat, technisch aber anspruchsvoller ist, hat in der bisher größten internationalen Studie langfristig keine Vorteile gegenüber einer konventionellen On-Pump-Operation erzielt. Auch die Kosten waren nicht geringer, wie die Publikation im New England Journal of Medicine (2016; doi: 10.1056/NEJMoa1601564) zeigt. Die Ergebnisse wurden auch auf dem Canadian Cardiovascular Congress in Montreal vorgestellt.

Die Entwicklung von Off-Pump-Operationen wurde in den 1990er Jahren vor allem von dem japanischen Herzchirurgen Amano Atsushi mit dem Ziel vorangetrieben, ein „Pumphead“ zu vermeiden. Gemeint sind kognitive Störungen, die nach Bypass-Operationen häufig sind und auf die Verwendung der Herz-Lungenmaschine zurück­geführt wurden.

Beim Einbau sollen sich in der aufsteigenden Aorta Verkalkungen lösen, die dann über die Halsschlagader ins Gehirn driften und dort kleine Ischämien auslösen. Unbestreitbar ist, dass es bei vielen der überwiegend hochbetagten Patienten nach Bypass-Opera­tionen zu kognitiven Einschränkungen kommt. Ob diese alledings auf die Verwendung der Herz-Lungenmaschine zurückzuführen sind, ist umstritten.

Vier größere randomisierte Studien haben in den letzten Jahren On-Pump- und Off-Pump-Operationen miteinander verglichen, doch weder die internationale CORONARY-Studie, noch die amerikanische ROOBY-Studie, noch die dänische DOORS-Studie und auch nicht die deutsche GOPCARE-Studie konnten eindeutige Vorteile der Off-Pump-Operation belegen. Auch die jetzt von André Lamy, MacMaster Universität Hamilton/Ontario, vorgestellten Langzeitergebnisse der CORONARY-Studie bestätigen den Eindruck, dass die Off-Pump-Operation zwar eine spektakuläre Operation ist, jedoch nicht mit Vorteilen für den Patienten verbunden ist.

An der Studie hatten an 79 Kliniken in 19 Ländern (ohne deutsche Beteiligung) 4.752 Patienten teilgenommen. Zu fast allen (98,8 Prozent) konnte Lamy im Mittel 4,8 Jahre nach der Operation Daten zum primären Endpunkt auswerten, einem Composite aus Tod, Schlaganfall, Herzinfarkt, Nierenversagen oder wiederholte koronare Revasku­larisierung (entweder Bypassoperation oder perkutane koronare Intervention). Dieser ungünstige Ausgang trat nach Off-Pump-Operation bei 23,1 Prozent und nach On-Pump-Operation bei 23,6 Prozent der Patienten auf.

Dies zeigt, dass beide Operationen (unter den Ein- und Ausschlusskriterien der Studie, Patienten mit geringerer Lebenserwartung waren ausgeschlossen) ein gutes Ergebnis erzielten. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Off-Pump-Operation keine Vorteile hat (Hazard Ratio 0,98; 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,87 bis 1,10).

Dies traf auch auf alle präspezifizierten sekundären Endpunkte (Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, dialysepflichtige Niereninsuffizienz, erneute Revaskularisierung) zu. Die kognitiven Fähigkeiten der Patienten wurden zwar nicht gezielt untersucht, in einem Fragebogen zur Lebensqualität, den 2.835 Patienten ausfüllten, waren ebenfalls keine Unterschiede nach den Operationsverfahren erkennbar.

Die Off-Pump-Operation führt trotz des Verzichts auf die Herz-Lungenmaschine keineswegs zu Einsparungen. Die Gesamtkosten pro Patient betrugen nach den Off-Pump-Operationen 15.107 US-Dollar und nach den On-Pump-Operationen 14.992 US-Dollar. Die Differenz von 115 US-Dollar war nicht signifikant.

Die Langzeitergebnisse der CORONARY-Studie dürften die Diskussion unter Herz­chirurgen (und Klinikleitungen) über den Sinn der Off-Pump-Operation intensivieren. Die Anhänger der Operationstechnik vertreten die Ansicht, dass eine Operation am schlagenden Herzen vor allem für multimorbide Patienten vorteilhaft ist. Lamy fand hierfür in Subgruppen-Analysen keine Belege – mit einer Ausnahme: Diabetiker erreichten den primären Endpunkt zu 15 Prozent seltener.

Die Hazard Ratio von 0,85 war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,72 bis 1,01 genau genommen nicht signifikant. Es dürfte deshalb weiter umstritten bleiben, welchen Patienten, wenn überhaupt, die technisch anspruchsvolle Operation angeboten werden sollte. Auch die Frage, welche Qualifikationen der Herzchirurg vorweisen muss, könnte bei der weiteren Diskussion eine Rolle spielen. © rme/aerzteblatt.de

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