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Medizin

Ultraschall kann Knochenheilung in Studie nicht beschleunigen

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Hamilton – Die regelmäßige Selbstbehandlung mit niedrigdosiert gepulstem Ultraschall (LIPUS), die die Knochenheilung stimulieren soll, hat in einer randomisierten kontrollierten Studie an Patienten mit Schienbeinbruch ihr Ziel nicht erreicht. Die umstrittene Behandlung, deren Kosten in Deutschland in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen werden, konnte weder die radiologische Frakturheilung noch die funktionelle Erholung beschleunigen, wie die abschließenden Ergebnisse im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2016; 355: i5351) zeigen.

Tibiaschaftfrakturen sind die häufigsten Knochenbrüche in den langen Röhrenknochen. Die Heilung ist auch bei einer Nagelung zeitaufwendig. Die Patienten sind in der Regel über drei bis sechs Monate krankgeschrieben. Wegen der begrenzten Weichteile besteht zudem das Risiko einer Defektheilung mit Pseudarthrose.

Tibiaschaftfrakturen gehören deshalb zu einem häufigen Einsatzgebiet der LIPUS-Behandlung. Den Patienten wird typischerweise ein Gerät zur Verfügung gestellt, mit dem sie die Behandlung täglich für 20 Minuten durchführen sollen. Das Gerät sendet Ultraschallwellen durch Haut und Weichgewebe zur Bruchstelle. Dies soll nach Auskunft des Herstellers über die Aktivierung bestimmter Zellrezeptoren die Knochenheilung aktivieren.

In Nordamerika sind „Bone stimulators“ weit verbreitet. Neben der LIPUS-Behandlung gibt es auch elektrische Geräte. LIPUS wurde 1994 aufgrund von kleineren Studien von der FDA zugelassen. Die TRUST-Studie (für „Trial to Evaluate UltraSound in the Treatment of Tibial Fractures“) sollte den endgültigen Beweis liefern, dass die Behandlung die Frakturheilung fördert.

An 43 Zentren in Nordamerika nahmen 501 Patienten mit offenen Frakturen (Gustilo Grad I-II) oder geschlossenen Frakturen (Tscherne Grad 0-3) der Tibia an der Studie teil. Alle Patienten erhielten ein Gerät zur LIPUS-Therapie, das jedoch nur bei jedem zweiten Patienten Ultraschallwellen aussendete. Weder Arzt noch Patient wussten, welches Gerät die echte und welches eine Scheinbehandlung durchführte.

Als primärer Endpunkt war anfangs die PCS-Komponente („physical component summary“) des Fragebogens SF36 zur Lebensqualität vorgesehen. Die FDA bestand jedoch auf den Nachweis einer radiologischen Ausheilung. Sie wurde zwischendurch zum primären Endpunkt und schließlich zum ko-primären Endpunkt erklärt. Ende 2012 veranlasste der Hersteller und Sponsor der Studie eine ungeplante Zwischen­auswertung. Im März 2013 wurde die Studie vorzeitig beendet, da ein Misserfolg der LIPUS-Behandlung abzusehen war.

Erst jetzt werden die Abschlussergebnisse vorgestellt. Wie Jason Busse von der McMaster Universität in Hamilton/Ontario und Mitarbeiter berichten, waren die Tibia-Frakturen bei den letzten Untersuchungen nach einem Jahr bei fast allen Patienten ausgeheilt. Die meisten konnten wieder ihren normalen Tätigkeiten nachgehen. Eine beschleunigte Knochenheilung war weder in den radiologischen Untersuchungen noch in der PCS-Komponente erkennbar. Die Behandlung hatte den Patienten also nicht genutzt.

Die Geräte hatten eine Funktion, die ihre Benutzung aufzeichnete. Die Therapie­adhärenz der Patienten war mäßig. Nur 73 Prozent der Patienten führten mehr als 50 Prozent der empfohlenen Behandlungen durch. Damit bleibt die Möglichkeit, dass die Behandlung bei einer größeren Adhärenz eine Wirkung erzielt hätte. Da eine Anwendung unter Aufsicht jedoch unrealistisch ist, dürfte diese Frage klinisch nicht relevant sein. Für Xavier Griffin von der Universität Oxford steht jedenfalls fest, dass die LIPUS-Therapie nicht wirkt. Es sei Zeit, diese ineffektive Behandlung aufzugeben, schreibt der Unfallchirurg im Editorial.

© rme/aerzteblatt.de

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