Medizin
Pankreatitis-Risiko unter Blinatumomab
Donnerstag, 27. Oktober 2016
Berlin – Der im letzten Jahr zugelassene „BiTE“-Antikörper Blinatumomab kann in Einzelfällen eine lebensbedrohliche oder tödliche Pankreatitis auslösen. Darauf macht der Hersteller in einem Rote-Hand-Brief aufmerksam.
Blinatumomab wurde im Dezember zur Behandlung von Erwachsenen mit Philadelphia-Chromosom negativer, rezidivierter oder refraktärer akuter lymphatischer Leukämie (ALL) aus B-Vorläuferzellen, einer ungewöhnlichen Variante des ALL, zugelassen. Der bispezifische Antikörper (BiTE steht für „bi-specific T-cell engager“) soll den Kontakt zwischen der Krebszelle und der Abwehrzelle des Immunsystems herstellen, was in den klinischen Studien eine Wirkung erzielt hat.
Entzündungen der Bauchspeicheldrüse gehörten bisher nicht zu den in der Fachinformation erwähnten Komplikationen. Nach einer schwerwiegenden Pankreatitis, deren Symptome sich nach einer vorübergehenden Unterbrechung zurückbildeten und nach der Wiederaufnahme der Behandlung erneut auftraten, wurde eine Analyse aller Pankreatitisfälle auf Basis der in klinischen Studien und nach der Markteinführung gesammelten Daten durchgeführt.
Dabei wurden weltweit zwölf Fälle identifiziert, in denen die gemeldeten Symptome auf eine Pankreatitis hinwiesen (einschließlich akuter Pankreatitis, nekrotisierender Pankreatitis und erhöhter Pankreatitis-Enzyme). Darunter war ein Fall, der tödlich verlief und ein weiterer Fall, in dem es nach Therapieabbruch zu einer Besserung und nach Wiederaufnahme der Behandlung zu einer erneuten Verschlechterung kam.
In den meisten Fällen trat die Pankreatitis innerhalb von 12 Tagen nach Beginn der Behandlung auf (median nach 7,5 Tagen). Betroffen waren Patienten, die hochdosiert mit Steroiden behandelt wurden oder zuvor Arzneimittel erhalten hatten, die dafür bekannt sind, eine Pankreatitis auszulösen, sowie Patienten mit einer vorbestehenden Pankreatitis.
Der Hersteller empfiehlt nach Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur und dem Paul-Ehrlich-Institut, alle Patienten unter der Behandlung mit Blinatumomab engmaschig auf Anzeichen und Symptome einer Pankreatitis zu überwachen. Dazu gehören neben einer körperlichen Untersuchung die Bestimmung von Serum-Amylase und Serum-Lipase, sowie bildgebende Verfahren für das Abdomen.
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Die Behandlung sollte unterbrochen werden, falls eine Pankreatitis mit Schweregrad 3 auftritt. Nach einer Verbesserung auf Grad 1 kann die Behandlung mit einer Dosis von 9 µg/Tag wieder aufgenommen werden. Nach weiteren sieben Tagen kann die Dosis auf 28 µg/Tag erhöht werden, sofern nicht wieder eine Pankreatitis auftritt.
Bei einem Schweregrad 4 sollte ein dauerhafter Abbruch der Therapie erwogen werden. Die Patienten sollten angehalten werden, auf Symptome einer Pankreatitis wie Oberbauchverhärtung und Oberbauchschmerzen (die sich durch Essen verschlimmern), Übelkeit und Erbrechen zu achten und medizinischen Rat einzuholen, wenn diese Symptome auftreten.
Health Canada hatte bereits im Juli auf die Komplikation hingewiesen. Die Warnung beruhte damals auf sechs Zwischenfällen, die in klinischen Studien aufgetreten waren und auf vier Meldungen nach Zulassung des Präparates. © rme/aerzteblatt.de

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