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Medizin

Bisphenol F und S: Auch die Ersatzstoffe für Bisphenol A beeinflussen Spermien

Montag, 12. Dezember 2016

Bisphenole findet man in den meisten Plastikprodukten, aber auch auf Thermopapier von Kassenzetteln und selbst in Glasbehältern, die oft mit Plastik beschichtet sind / Erwin Lorenzen, pixelio.de

Leipzig/Essen – Nicht nur Bisphenol A (BPA), auch die Ersatzstoffe Bisphenol F und S (BPF/BPS) beeinflussen das Schwimmverhalten von humanen Spermien. Zu diesem Schluss kommen Forscher aus Essen-Duisburg. Ihre noch nicht publizierten Ergebnisse präsentierten sie auf dem 68. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Leipzig. Grenzwerte für BPF und BPS, die eine reproduktionstoxische Wirksamkeit ausschließen, existierten derzeit noch nicht, geben die Autoren um Gunther Wennemuth im Abstract zu bedenken.

Im Maus-Modell konnten die Forscher der Universität Duisburg-Essen bereits nach­weisen, dass Spermien unter Einfluss von BPA eine veränderte Schlagfrequenz sowie Signaltransduktion zeigen. In der aktuellen Untersuchung inkubierten Wennemuth und seine Kollegen humane Ejakulationsproben gesunder Spender mit BPA, BPF und BPS in drei Dosierungen (50, 200 und 400 nM) über verschiedene Zeiträume. Bereits nach einer Stunde begannen sich die Spermien deutlich anders zu bewegen, als die in der Kontrollgruppe. Die Geschwindigkeit nahm für kurze Zeit zu und sank anschließend im Vergleich zu den Kontrollen rasch. Nachdem die Spermien zwei oder fünf Stunden den Bisphenolen ausgesetzt waren, konnten die Forscher in immer mehr Dosis-Versuchs­gruppen einen Unterschied in der Motilität der Spermien messen.

Seit im Jahr 2011 der Vertrieb BPA-haltiger Babyflaschen verboten wurde, kommen die Ersatzbisphenole F und S zum Einsatz. „Man findet sie in den meisten Plastikprodukten, aber auch zum Beispiel auf Thermopapier von Kassenzetteln“, erklärt Wennemuth. Selbst der Kauf von Lebensmitteln in Glasbehältern schütze meist nicht vor Weich­macherbelastungen, weil die Deckel der Gläser oft mit Plastik beschichtet seien, um einen sicheren Verschluss zu gewähren, sagt der Experte vom Institut für Anatomie der Universität Duisburg-Essen.

Studien aus dem Jahr 2013 untersuchten fast 300 Lebensmittel, vor allem aus den USA, und stellten einen mittleren Gehalt von BPF von 0,929 μg/kg Frischgewicht (95. Perzentil = 0,735 μg/kg) fest, wobei der höchste Gehalt an BPF 1,130 μg/kg in einem senfhaltigen Salatdressing vorkam. In Fisch und Meeresfrüchten lagen die Werte im Mittel bei 4,63 μg/kg, bei Fleischprodukten im Mittel bei 1,34 μg/kg. Interessanter seien aber die tat­säch­lich aufgenommenen Mengen von Weichmachern, sagt Wennemuth. „Die Konzentration im Urin spiegelt eine solche Aufnahme gut wieder. Messungen dazu führt die Umweltprobenbank des Bundes durch.“

Auch das National Food Institute der Technischen Universität Dänemark testete 2014 die Bisphenole B, E, F, S und 4-Cumylphenol. Die Forscher konnten nachweisen, dass diese Ersatzstoffe ebenso wie Bisphenol A als endokrine Disruptoren in den Hormon­haushalt von Lebewesen eingreifen können und sich auf die Gesundheit auswirken. Die fünf getesteten Verbindungen zeigten östrogene Wirkung, blockierten den Rezeptor für männliche Geschlechtshormone und beeinträchtigten die Geschlechtshormon-Synthese.

Ein Jahr später bewertete das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gesundheitliche Risiken für Verbraucher durch BPF in Senf. Auf einen gesundheitskritischen Richtwert konnte sich das BfR nicht festlegen. In ihrer Stellungnahme vom 8. Juni 2015 schreiben sie, dass dafür wichtige toxikologische Daten zu BPF fehlen würden.

Wie groß das Risiko durch BPF und BPS für Menschen ist, vermögen die Forscher vor Abschluss der Studie nicht zu beantworten. © gie/aerzteblatt.de

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