Politik
Psychotherapeutenausbildung: Eckpunkte zur Direktausbildung vorgelegt
Montag, 31. Oktober 2016
Berlin – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat heute Eckpunkte zur Novellierung der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) vorgelegt. Damit ist eine Überarbeitung des Psychotherapeutengesetzes verbunden.
Der Reformbedarf ergibt sich aus den durch den Bologna-Prozess geänderten Studienstrukturen (Bachelor und Master), die sich auf die Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung von PP und KJP auswirken. Darüber hinaus bringt die fehlende oder geringe Vergütung während des obligatorischen „praktischen Jahres“ an psychiatrischen Einrichtungen sowie die größtenteils selbstfinanzierte Ausbildung viele angehende Psychotherapeuten in prekäre Lebenssituationen.
Der Deutsche Ärztetag hatte sich zuletzt in Hamburg mit dem Thema befasst, verschiedene Entschließungen verabschiedet und die Direktausbildung kritisch bewertet. Demnach forderten die Delegierten unter anderem, dass bei der geplanten Neuordnung des Bildungsweges an unmissverständlichen Terminologien festgehalten werden müsse. So müsse etwa der Begriff „Psychologischer Psychotherapeut“ beibehalten werden, der Begriff „Psychotherapeut“ dürfe nicht eingeführt werden. Zudem sei darauf zu achten, dass andere Qualifizierungsformen, insbesondere ärztliche Psychotherapeuten, nicht ausgegrenzt und die Qualität der psychotherapeutischen Behandlung nicht gefährdet werden. Inwieweit die Forderungen der Ärzteschaft vom Ministerium letztlich aufgegriffen werden, muss der weitere Verlauf der Gesetzgebung zeigen.
Fünfjähriges wissenschaftliches Hochschulstudium auf Masterniveau
Mit den Eckpunkten, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegen, schließt sich das BMG den Forderungen des 25. Deutschen Psychotherapeutentags (DPT) im November 2014 an, der sich für die sogenannte Direktausbildung ausgesprochen hatte.
Vorgesehen ist laut Papier ein fünfjähriges wissenschaftliches Hochschulstudium der Psychotherapie auf Masterniveau, um so das Problem der Zugangsvoraussetzungen zu beheben. Viele Bundesländer erkennen nämlich inzwischen bereits den geringer qualifizierten Bachelor für die Ausbildung zum KJP an, während die Psychotherapeutenschaft diesen Abschluss für nicht angemessen hält.
Bisher ist die Ausbildung von PP und KJP postgradual aufgebaut: Nach dem Studium der Psychologie beziehungswiese Sozialpädagogik (KJP) qualifizieren sie sich in einer drei- bis fünfjährigen Ausbildung an zumeist privaten Ausbildungsinstituten zur Approbation. Die Kosten für die Ausbildung tragen die Kandidaten selbst beziehungsweise refinanzieren einen Teil der Kosten über GKV-finanzierte ambulante Behandlung an den Instituten.
Staatsexamen und Approbation am Ende des Studiums
Das künftige Hochschulstudium soll gemäß den nun vorliegenden Eckpunkten aus dem BMG gezielt auf die berufliche Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie zugeschnitten sein. Am Ende dieser Ausbildung steht ein Staatsexamen das zur Approbation führt. Das Staatsexamen soll bundeseinheitlich feststellen, ob die Absolventen „befähigt sind, Patienten entsprechend der Aufgabenstellung des Berufes selbstständig und eigenverantwortlich zu behandeln“.
Nach dem Staatsexamen und der Approbation soll sich entsprechend der „Eckpunkte einer Weiterbildungsreform“ des 28. DPT im April eine fünfjährige Weiterbildung anschließen, die eine Spezialisierung entweder für Erwachsene oder für Kinder und Jugendliche vorsieht sowie den Erwerb der Fachkunde in mindestens einem Psychotherapieverfahren. Die Weiterbildung soll zur selbstständigen Tätigkeit als Fachpsychotherapeut im ambulanten und stationären Bereich qualifizieren und – analog zur ärztlichen Weiterbildung – auf Facharztniveau vergütet werden.
Studium an einer Universität oder „gleichgestellten Hochschule“
Da die angedachte Weiterbildung Aufgabe der Psychotherapeutenkammern ist, befasst sich das BMG in den vorliegenden Eckpunkten ausschließlich mit den Details des künftigen Psychotherapiestudiums. Das Studium soll an einer Universität oder „gleichgestellten Hochschule“ absolviert werden. Es ist unterteilt in zwei Studienabschnitte nach der Struktur von Bachelor und Master: Im ersten Abschnitt (1.-3. Studienjahr) werden grundlegende psychologische, psychotherapeutische, bezugswissenschaftliche und wissenschaftliche Kompetenzen erworben; im zweiten Abschnitt (4.-5. Studienjahr) sollen vertiefte psychotherapeutische, versorgungsrelevante und wissenschaftliche Kompetenzen erworben werden.
Studierende, die nicht in der Patientenversorgung tätig werden wollen, können auf die staatlichen Prüfung verzichten und mit Bestehen der nach Hochschulrecht vorgesehenen „Hochschulprüfung“ in ein Berufsleben außerhalb der Heilkunde einsteigen.
Das Psychotherapiestudium soll mindestens 5.200 Stunden umfassen, aufgeteilt in eine theoretische Ausbildung mit 2.900 Stunden, in der Wissen in Form von Vorlesungen, Seminaren und praktischen Übungen vermittelt wird. Die praktische Ausbildung mit mindestens 2.300 Stunden soll „grundlegende praktische Einblicke in den Forschungs- und Klinikalltag, Hospitationen, vertiefende berufsqualifizierende Erfahrungen unter Anleitung und Aufsicht sowie Kleingruppenangebote zur Supervision und zur Selbstreflektion“ umfassen.
Wahloption zwischen anerkannten Verfahren
Die Hochschule soll nach den Vorstellungen des BMG sicherzustellen, dass grundlegende praktische Kenntnisse in allen wissenschaftlich anerkannten Verfahren gesammelt werden können. Vertiefende Erfahrungen in einem wissenschaftlich anerkannten Verfahren sollen von den Studierenden aus dem Angebot der Hochschule gewählt werden können, wobei die Wahloptionen mindestens drei alternativ angebotene Verfahren umfassen sollten.
Können die Hochschulen, insbesondere bei der praktischen Ausbildung, das geforderte
Setting nicht sicherstellen, können sie mit anderen geeigneten Einrichtungen Zusammenarbeiten, besagen die Eckpunkte. In diesem Fall sind entsprechende Kooperationsverträge abzuschließen. © PB/aerzteblatt.de

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