Vermischtes
Amtsgericht bestätigt Kürzung von Sozialhilfe bei Pflegebetrug
Mittwoch, 2. November 2016
Berlin – Wenn sich Pflegebedürftige am Abrechnungsbetrug von Pflegediensten beteiligen, kann ihnen die Sozialhilfe gekürzt werden. Die daraus folgenden Rückforderungen darf das Sozialamt durch Anrechnung auf die laufende Grundsicherung sofort durchsetzen, wie das Sozialgericht Berlin in einem heute veröffentlichten Urteil entschied (Az.: S 145 SO 1411/16 ER). Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Er kann mit der Beschwerde zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam angefochten werden.
Nach Aussagen des Berliner Amtsgerichts gibt der Beschluss der 145. Kammer die überwiegende Rechtsauffassung am Sozialgericht wieder. Eine abweichende Auffassung habe aber kürzlich die 146. Kammer in einem Beschluss vom 21. Oktober 2016 (Az.: S 146 SO 1487/16 ER) vertreten. Die 146. Kammer hält den vom Sozialamt gewählten Weg, Einkommen aus Straftaten auf erhaltene Sozialhilfe anzurechnen, aus dogmatischen Gründen für falsch. Es sei inkonsequent, Gewinne aus kriminellen Handlungen auf die Sozialhilfe anzurechnen, denn Hilfeempfänger dürften grundsätzlich nicht auf Einnahmequellen verwiesen werden, die von der Rechtsordnung missbilligt werden, hieß es von der 146. Kammer.
Die 145. Kammer hat im vorliegenden Verfahren anders entschieden. Im Ausgangsfall erhielt die nun verurteilte Frau Grundsicherung im Alter und war zugleich Patientin eines Pflegediensts. Laut Urteil beteiligte sie sich am Abrechnungsbetrug des Diensts mit Unterschriften für Pflegeleistungen, die nicht erbracht wurden. Die Frau bekam dafür von dem Dienst sogenannte Kickbackzahlungen von 245 bis 336 Euro monatlich.
Weil deshalb rund 1.125 Euro zu viel Sozialleistungen an die Frau gezahlt wurden, kürzte das Amt die Grundsicherung zum Ausgleich der Summe um monatlich 73 Euro. Laut Urteil zu Recht: „Kickbackzahlungen“ dürfen demnach als Einkommen auf Sozialleistungen angerechnet werden.
In Berlin sind rund 20 ähnliche Fälle anhängig. Hintergrund sind Ermittlungen gegen betrügerische Sozialdienste, die mit gefälschten Pflegeprotokollen bundesweit nicht erbrachte Leistungen abgerechnet und damit einen Milliardenschaden verursacht haben sollen. © afp/may/aerzteblatt.de

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