Ärzteschaft
KBV ruft zu gemeinsamen Gesprächen über die Krankenhausversorgung auf
Mittwoch, 2. November 2016
Berlin – Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft zu gemeinsamen Gesprächen über die künftige Versorgung in Krankenhäusern aufgerufen. „Es ist an der Zeit, dass wir gemeinsame Wege finden, die Versorgung zu optimieren und die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen“, sagte der KBV-Chef.
Gassen verwies auf einen jüngst erschienenen Reader der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zur Ökonomisierung der Medizin in Deutschland. Die Wissenschaftler stellen darin acht Thesen zur Diskussion, unter anderem legen sie dar, dass die stationäre Versorgung in Deutschland uneffektiv sei und die Qualität im Vergleich zu den Kosten oft nicht stimme.
Als Beispiel führen die Autoren an, dass in Deutschland im Jahr 2013 8,7 Prozent der Patienten über 45 Jahre, die mit einem akuten Herzinfarkt in Krankenhäuser eingewiesen wurden, während ihres stationären Aufenthaltes verstorben seien. Von 32 OECD-Ländern mit entsprechenden Daten habe Deutschland damit auf Platz 25 gelegen. Besonders wenige Patienten verstarben laut Gesundheitsökonomen in Australien (4,1 Prozent) und Schweden (4,5 Prozent). „Dabei belegte Deutschland diesen Platz obwohl der stationäre Sektor sehr groß ist“, kritisieren sie.
Als positives Beispiel führen die Leopoldina-Wisssenschaftler Dänemark an, das viele kleine Krankenhäuser geschlossen habe und die verbliebenen dafür exzellent ausstatte. Übertrage man die dänischen Zahlen auf Deutschland, würden von den vorhandenen über 1.600 Kliniken bundesweit 330 genügen, um weiterhin die Sicherstellung der Patientenversorgung zu garantieren, so die Gesundheitsökonomen.
Dies geht selbst dem KBV-Chef zu weit: „Die Vorschläge der Akademie sind aus meiner Sicht zu radikal. Ich glaube auch, dass der Vergleich mit einem Land wie Dänemark nur schwer möglich ist, wie es die Wissenschaftler getan haben. Denn dort gibt es keine freie Wahl des Arztes oder Krankenhauses, wie das die Patienten in Deutschland kennen“, sagte er.
Gleichwohl sei es notwendig, die vorhandenen Ressourcen effektiv zu verteilen: Wer die wesentliche Bedeutung der ambulanten Versorgung durch die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verkenne und unkritisch teils überflüssige stationäre Strukturen fördere, beeinträchtige letztlich die Versorgung der Bevölkerung, warnte Gassen.
Aber die mögliche Schließung von Krankenhäusern müsse mit Augenmaß erfolgen. „Wie die gemeinsame Sicherstellung der ambulanten und stationären Versorgung vor Ort am besten gelingen kann, wissen Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenhäuser am besten“, betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende. © hil/aerzteblatt.de

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