Ausland
Schweiz: Wissenschaftsakademie legt Ideen zur Ärzteverteilung vor
Mittwoch, 2. November 2016
Bern – Die Schweiz weist im OECD-Vergleich eine vergleichsweise hohe Dichte von Ärzten auf. Allerdings beruht dies wesentlich auf der Rekrutierung von Personal aus dem Ausland. „Trotz dieser erheblichen Zuwanderung können heute jedoch bei weitem nicht alle Stellen in den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens besetzt werden“, schreibt eine Arbeitsgruppe der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) in einem neuen Positionspapier.
Gleichzeitig gebe es „klare Hinweise darauf, dass sowohl eine regionale als auch eine fachliche Fehlverteilung vorliegt“, so die Autoren des Papiers. Internationale Erfahrungen hätten gezeigt, dass es in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem notwendig sei, die Ärzteverteilung zu steuern.
Die SAMW schlägt fünf Maßnahmenpakete für die Steuerung der Ärzteverteilung im Schweizer Gesundheitssystem vor. „Kern dieser Empfehlungen ist die Erkenntnis, dass es ineinander verzahnte Maßnahmen braucht, denn isolierte wie auch immer geartete Steuerungseingriffe erzeugen kaum je die gewünschten Wirkungen, sondern vor allem unerwünschte Nebenwirkungen“, schreiben die Autoren.
Anreizsysteme
Die SAMW fordert zunächst mehr-dimensionale Anreizsysteme, die sich gegenseitig ergänzen und unterstützen sollten. „Mehr-dimensional“ nennen die Autoren sie, weil sie finanzielle und intrinsische Aspekte wie die Arbeitsgestaltung umfassen sollten. „Angesichts der bezüglich Fehlverteilung ärztlicher Ressourcen gravierenden Mängel in den Tarifsystemen, sind kohärente finanzielle Anreize nur mit Revision und Optimierung der Tarife für ärztliche Leistungen zu erreichen“, schreiben die Autoren. Mit anderen Worten: Die Vergütung muss sich ändern. Insbesondere sollten sogenannte Grundversorger-Leistungen besser bezahlt werden. Die Autoren nennen in diesem Zusammenhang die Allgemeinmedizin, die Psychiatrie und die Pädiatrie.
Bedarfsanalyse
Wichtig sei zweitens eine vernünftige Bedarfsanalyse. „Die Fachkräfte-Entwicklung sollte deshalb kontinuierlich im Sinne eines lernenden Systems beobachtet und unter anderem für kurze Zeiträume prognostiziert werden“, so die Autoren.
Überregionales Steuerungsgremium
Die SAMW konstatiert, dass eine sinnvolle Steuerung der Ärzteverteilung regional schwer umzusetzen ist, weil die Interessen der Akteure und der Regionen „unterschiedlich und teilweise auch stark divergierend sind“. Es brauche daher ein Steuerungssystem mit wirksamer Beteiligung der Akteure und klar abgestimmte Arbeits- und Entscheidungsprozesse. Die Autoren schlagen in diesem Zusammenhang unter anderem ein nationales Steuerungsgremium vor.
Weiterbildung
Das vierte Maßnahmenpaket sollte sich laut SAMW der Weiterbildung widmen. Unter anderem sollten zusätzliche Weiterbildungsplätze „den Nachwuchs für Praxen der Primärversorgung steigern und die Abhängigkeit von Ärzten mit einem ausländischen Studienabschluss reduzieren.“
Neue Versorgungsmodelle
Die SAMW empfiehlt zudem, durch gut definierte und organisierte Netzwerke und Patientenpfade die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen zu verbessern und die Arbeits- und Kompetenzverteilung zu optimieren. „In neuen Versorgungsmodellen müssen Arbeitsbedingungen herrschen, die zeitgemäß und attraktiv für die darin tätigen und für angehende Gesundheitsfachpersonen sind“, heißt es in dem Positionspapier.
Jeder dritte Arzt ist Ausländer
Die Autoren weisen in dem Positionspapier zudem daraufhin, dass 30,5 Prozent der in der Schweiz tätigen Ärzte aus dem Ausland stammt. Der Ausländer-Anteil nimmt pro Jahr um etwa 1,5 Prozent zu. Davon sind 56,2 Prozent im stationären, 41,7 Prozent im ambulanten und 2,1 Prozent in einem anderen Bereich tätig. Die Mehrheit der Fachkräfte aus dem Ausland stammt aus Deutschland (17,4 Prozent), Italien (2,4 Prozent), Frankreich (1,7 Prozent) oder Österreich (1,7 Prozent). © hil/aerzteblatt.de

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