Medizin
Hirnstrukturen für das Sehen bleiben nach Erblindung erhalten
Donnerstag, 3. November 2016
Pisa – Wer sein Augenlicht verliert, könnte trotz jahrelanger Blindheit mit einer Retina-Prothese wieder das Sehen erlernen. Die kortikalen Strukturen und neuronalen Verbindungen bleiben offensichtlich erhalten. Das berichtet eine Arbeitsgruppe um Maria Concetta Morrone von der Universität Pisa in PLOS Biology (doi:10.1371/journal.pbio.1002569).
Neuronale Verbindungen und Hirnstrukturen verkümmern bekanntlich, wenn sie nicht mehr genutzt werden. Nichts desto trotz verschwinden sie nicht vollständig. So bleibt zum Beispiel die kortikale Repräsentation der Hand auch bei Amputierten erhalten (doi: 10.7554/eLife.15292). Dies könnte auch für die Verarbeitung von visuellen Informationen zutreffen.
In ihrer Studie untersuchten die Forscher die „Argus II Retinal Prosthesis“. Die Prothese wird direkt in die Retina implantiert und sendet elektrische Signale an die bipolaren Zellen. Die Forscher untersuchten den Einsatz der Implantate bei Patienten mit einer Retinitis pigmentosa. Bei der Augenerkrankungen kommt es zu einer genetisch bedingten Degeneration der Photorezeptoren. Sieben Patienten schlossen die Wissenschaftler in die Studie ein. Die Forscher kontrollierten den Effekt der Implantation unter anderem mit Hilfe von funktionellen MRT-Aufnahmen.
Die Patienten lernten nach der Implantation, wieder Lichtblitze wahrzunehmen. Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich nach der Konditionierung auf die visuellen Stimuli eine neue Aktivität im Thalamus und der Sehrinde bildete. Die basalen neuronalen Verarbeitungswege des Sehens aktivierten sich also bei den Patienten wieder, trotz zum Teil jahrelanger Blindheit.
Noch sind die Prothesen laut den Autoren weit davon entfernt, ein differenziertes Sehen zu ermöglichen. Die Ergebnisse zeigten jedoch, dass das Gehirn die Voraussetzungen bietet, die elektrischen Stimuli des Implantats in eine visuelle Wahrnehmung umzusetzen. Die Studie liefere somit einen wichtigen Hinweis darauf, dass das Verfahren grundsätzlich praktikabel sei. © hil/aerzteblatt.de

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