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Ärzteschaft

Diabetologen nehmen Familie in den Fokus

Donnerstag, 3. November 2016

Berlin – Erstmalig steht die Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) unter dem Motto „Diabetes und Familie: Vorbeugen – Erkennen – Entlasten“. Sie findet in diesem Jahr vom 11. bis 12. November in Nürnberg statt und beschäftigt sich neben dem Schwerpunkt „Familie“ unter anderem mit den Themen „Höchstleistung trotz Dia­betes“, „Adipositastherapie 2016 – konservativ versus chirurgisch“ sowie „E-Health und Datensicherheit in der Diabetologie“.

Das Thema „Familie“ zum besonderen Fokus der Herbsttagung zu machen, ist für Klaus Badenhoop, Tagungspräsident der Diabetes Herbsttagung und Diabetologe aus Frank­furt am Main, nur folgerichtig: „Diabetes mellitus beeinflusst neben dem Betroffenen selbst immer auch die Familie“, erklärte er heute in Berlin. Nahezu immer seien Angehö­rige in eine Therapie des Diabetes mellitus eingebunden sei es bei der Versorgung von Kleinkindern mit Diabetes Typ 1, bei Schwangeren, die an Gestationsdiabetes erkran­ken, oder bei  älteren Menschen mit Typ-2.

„Zudem kommt Diabetes familiär gehäuft vor und kann sowohl bei Typ-1- als auch bei Typ-2-Diabetes mehrere Familienmitglieder betreffen“, erläuterte er. Eine familiäre Häu­fung werde besonders beim Typ-2-Diabetes beobachtet. Ferner sei die Familie als An­satz­punkt zur Änderung von Lebensgewohnheiten optimal:  „Durch gemeinsame Bewäl­ti­gung der Lebensveränderungen werden Patienten und Familien entlastet“, sagte Baden­hoop.

Häufige Versorgungslücken
In Deutschland sind etwa 30.500 Kinder und junge Erwachsene unter 19 Jahren an Dia­betes Typ 1 erkrankt. Damit ist Diabetes mellitus hierzulande die häufigste Stoffwechsel­er­krankung im Kindes- und Jugendalter. Vielen von ihnen gelingt es jedoch nicht, ihre kon­tinuierliche Betreuung in der Erwachsenenmedizin aufrechtzuerhalten. Beim Über­gang von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin komme es häufig zu Versorgungslücken, beklagen die Experten. „Die ärztliche Betreuung findet nur noch sporadisch, in manchen Fällen gar nicht mehr statt“, bedauerte Bernhard Kulzer, Vorsitzender der Arbeitsgemein­schaft Diabetes und Psychologie der DDG vom Diabetes-Zentrum Mergentheim in Bad Mergentheim.

Als Ursache sieht Kulzer zum einen, dass die Lebensphase, in die die Transition fällt, so­wieso mit tiefgreifenden Veränderungen wie zum Beispiel Ausbildungsbeginn, erste Liebe oder Auslandsaufenthalte ist schon für stoffwechselgesunde Heranwachsende verbun­den ist. „Junge Menschen mit Typ-1-Diabetes belastet die Suche nach neuen Ärzten, das Koordinieren und Einhalten von Terminen und die geringere Betreuung und Fürsorge als beim Kinderarzt“, erläuterte er. Folgeerkrankungen und Komplikationen Jahre später sei­en die Konsequenz. Zum anderen erfolge die Betreuung von Erwachsenen ab 18 Jahren meist in diabetologischen Schwerpunktpraxen.

„Damit verbunden ist jedoch  ein anderer Fokus der Behandlung. In der Erwachsenen­diabetologie geht man von einem autonomen Menschen aus, der vom Diabetesteam Em­pfehlungen bekommt, beraten und geschult wird. Von ihm wird jedoch auch erwartet, dass er eigene, selbstverantwortliche Entscheidungen hinsichtlich seiner Therapie trifft.“

„Einer Studie zufolge verlieren 40 Prozent der Patienten mit Diabetes Typ 1 nach dem Trans­fer in die Erwachsenenmedizin den Kontakt zur diabetologischen Betreuung“, ver­deutlichte Silvia Müther, Leiterin des Diabeteszentrums für Kinder und Jugendliche an den DRK Kliniken Berlin Westend. Auch das Risiko für eine schlechtere Blutzucker­ein­stellung steige nach dem Transfer deutlich an, sagte die Ärztin. Es gebe aber auch po­si­tive Beispiele: So seien im Rahmen von Einzelinitiativen in verschiedenen Regionen lo­ka­le Aktivitäten entstanden, die einen geregelten Übergang in eine spezialisierte Erwach­se­nenmedizin ermöglichen. „Generelle, im Versorgungssystem verankerte Lösungen wur­den bisher aber nicht etabliert, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass es keine geregelte Finanzierung transitionsspezifischer Leistungen gibt“, bedauerte Müther.

Dirk Müller-Wieland, Vizepräsident und Pressesprecher der DDG, appellierte auch in diesem Zusammenhang an die Politik, die Diabetes-Versorgung im Krankenhaus zu strukturieren. „Sie darf nicht der Ökonomisierung zum Opfer fallen. „Sprechende Medizin“ muss adäquat vergütet werden.

© ER/aerzteblatt.de

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