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Politik

Wegen Preisstreitigkeiten: Lungenkrebs­medikament vom Markt genommen

Donnerstag, 3. November 2016

Berlin – Das Pharmaunternehmen AstraZeneca wird das neue Lungenkrebsmedikament Osimertinib (Tagrisso) auf dem deutschen Markt nicht weiter anbieten, weil es sich mit den Krankenkassen nicht auf einen Erstattungspreis einigen konnte. Die Deutsche Ge­sellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) kritisiert, dass zwar alle am Verfahren Beteiligten innerhalb ihrer eigenen Regeln rechtskonform gehandelt hätten, im Ergebnis aber ein Schaden für die betroffenen Krebspatienten resultiere.

Osimertinib ist ein sogenannter Tyrosinkinase-Inhibitor und wirkt gezielt bei Patienten mit Nachweis einer bestimmten Mutation namens „T790M“. Patienten mit dieser spezifischen genetischen Veränderung – in Deutschland rund 1.200 pro Jahr – sind resistent gegen­über anderen, sonst hoch wirksamen Tyrosinkinase-Inhibitoren. Die Ansprechraten mit Osimertinib liegen bei mehr als 60 Prozent. Das ist laut Fach­gesellschaft ein mit anderen Arz­neimitteln bisher unerreichter Wert. Die Verträglichkeit von Osimertinib sei gut.

Für die betroffenen Patienten stehen laut DGHO keine vergleichbaren therapeutischen Optionen zur Verfügung. Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) habe das Zulassungsverfahren daher intensiv begleitet. Es hatte in den USA einen Fast Track-, Breakthrough Therapy-, Priority Review- und einen Accelerated Approval-Status. All dies diente dazu, Patienten möglichst rasch mit Osimertinib behandeln zu können.

„Um die Zeit bis zum Ablauf des Patentschutzes optimal zu nutzen, beantragen viele phar­mazeutische Unternehmen frühzeitige Zulassungen auf Basis vielversprechender Ergebnisse an kleinen Patientenkollektiven. Diese Daten fokussieren auf Wirksamkeit und Sicherheit. Sie sind in der Regel nicht genügend aussagekräftig, um auch einen Zu­satznutzen nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) in Deutschland zu belegen“, erläuterte die DGHO.

Eben dies wurde jetzt zum Problem: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) vergab bei der frühen Nutzenbewertung wegen der noch fehlenden direkt vergleichenden Stu­dien ein „Zusatznutzen nicht belegt“. „Er hätte aufgrund der kleinen Zahl betroffener Pa­tienten, des medizinischen Bedarfs und der positiven Daten im historischen Vergleich mit Chemotherapie eine positive Festlegung treffen können, zum Beispiel ‚nicht quanti­fizier­ba­rer Zusatznutzen‘, wie von den Fachgesellschaften vorgeschlagen“, schreibt die DGHO. So habe es das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) in Eng­land gemacht.

Ohne positive Stellungnahme in der frühen Nutzenbewertung habe das Unternehmen offenbar in den Preisverhandlungen mit den Kassen nicht den Wert erzielen können, der für andere neue Tyrosinkinase-Inhibitoren gelte und ziehe sich deshalb mit dem Präparat vom deutschen Markt zurück.

Die Konsequenz sei, dass Apotheken für die betroffenen Patienten Osimertinib nun im Ausland besorgen müssten. Das sei bürokratisch und aufwendig. „Die betroffenen Pa­tien­ten können nur hoffen, dass sich ihre behandelnden Ärzte nicht von den Streitereien zwischen den beteiligten Parteien entmutigen lassen“, schreibt die DGHO. „Im Zusam­men­spiel von G-BA, Krankenkassen und pharmazeutischer Industrie muss für solche Kon­fliktsituationen eine patientenorientierte Lösung gefunden werden“, fordert die Fach­gesellschaft. © hil/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #115425
Herz1952
am Freitag, 4. November 2016, 17:20

Hoffentlich kennen die Ärzte den § 31, Abs. 1, Satz 4...

... sonst sind die Patienten wie immer die Leid tragenden.

Mir wurde übrigens von der "unabhängigen Patientenberatung Deutschland" von der juristischen Abteilung bestätigt, dass der Arzt ein solches Medikament auf Kosten der GKV verschreiben könne.

Aber als Patient muss ich leider den Ärzten immer wieder auf die "Füße treten", da diese das gar nicht wissen, oder sie halten es doch nicht für nötig. Aber bitte, nicht mit mir.
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