Medizin
Impferfolg: Meningokokken-Erkrankungen in Deutschland werden seltener
Donnerstag, 3. November 2016
Berlin – In Deutschland ist die Zahl der invasiven Meningokokken-Erkrankungen (IME) weiter rückläufig. Der Trend betrifft laut einer Auswertung im Epidemiologischen Bulletin (2016; doi: 10.17886/EpiBull-2016-064.2) jedoch nicht nur den Serotyp MenC, für den seit 2006 eine Impfung empfohlen wird, sondern auch die MenB. Die ständige Impfkommission (STIKO) zögert deshalb, einen neuen Impfstoff gegen MenB zu empfehlen.
Dem Robert Koch-Institut wurden in den Jahren 2012 bis 2015 1.294 Fälle von IME gemeldet, von denen 1.266 der Referenzdefinition entsprachen. Fast alle wurden im Krankenhaus behandelt und 9,4 Prozent starben an den Folgen der bakteriellen Infektion. Besonders hoch war die Letalität bei septischen Verläufen (18 Prozent) sowie nach Auftreten eines Waterhouse- Friderichsen-Syndroms mit Verbrauchskoagulopathie und akutem Ausfall der Nebennieren (38 Prozent).
Zwei Drittel der Infektionen wurden durch den Serotyp MenB (Anteil 68,9 Prozent) ausgelöst. Auf den Serotyp MenC entfällt noch ein Fünftel der Erkrankungen (19,7 Prozent). Gegen den Serotyp MenC kann seit 2006 auf Empfehlung der STIKO geimpft werden. Die Impfung erfolgt im zweiten Lebensjahr und wird zunehmend angenommen. Die Impfquote bei den Schulanfängern ist seit 2008 von von 53,1 auf 88,6 Prozent im Jahr 2014 gestiegen.
Folglich ist die Zahl der Erkrankungen durch den Serotyp MenC in den letzten Jahren weiter gesunken. Dieser Rückgang betraf vor allem die geimpften Jahrgänge. Ein Herdeneffekt auf nicht geimpfte Kinder konnte bisher nicht beobachtet werden. Er deutet sich nach Einschätzung des Autorenteams um Wiebke Hellenbrand vom Robert Koch-Institut jedoch bei den Säuglingen an. Sie sind zu jung für die Impfung, die Erkrankung endet bei ihnen jedoch häufig tödlich. Gefährdet sind weiterhin auch ältere Menschen. Bei ihnen ist der erhoffte Herdeneffekt bisher nicht aufgetreten.
Insgesamt seien die Effekte der MenC-Impfung in Deutschland schwächer ausgefallen als beispielsweise in Großbritannien, wo durch eine gezielt Catch-Up-Impfung auch ältere Kinder und Jugendliche erreicht wurden, berichtet Hellenbrand.
Der genaue Grund für den Rückgang der MenB-Erkrankungen ist laut Hellenbrand unbekannt. Die wahrscheinlichste Erklärung sei eine hohe Immunität der Bevölkerung gegen die aktuell zirkulierenden Meningokokken-Stämme. Es ist bekannt, dass auch Träger – Menschen, bei denen Meningokokken im Rachen nachweisbar sind, die aber nicht erkranken – nach einiger Zeit eine Immunität erwerben. Weitere Faktoren könnten eine Rolle spielen. Dazu gehört etwa die Abnahme des Rauchens in der Bevölkerung. Rauchen gehört zu den Risikofaktoren für eine IME, weil die Rachenentzündung den Übertritt der Meningokokken durch die Schleimhaut erleichtert.
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Der „spontane“ Rückgang der MenB-Erkrankung hat dazu beigetragen, dass die STIKO einen neuen MenB-Impfstoff bisher nicht empfiehlt. Hinzu kommt, dass die Impfung von Säuglingen wohl nur einen sehr kleinen Anteil aller MenB-Erkrankungen verhindern könnte. Die STIKO will hierzu die Ergebnisse klinischer Studien zur Effektivität und zur Schutzdauer abwarten.
Erkrankungen mit einem neuen MenW-Typ, die in den letzten Jahren in Großbritannien beobachtet wurden, sind seit Mitte 2015 auch in Deutschland vereinzelt aufgetreten. Die Situation werde beobachtet, schreibt Hellenbrand. Eine Empfehlung zur Auffrischung mit einem ACWY-Impfstoff, wie ihn die britische Impfkommission empfiehlt ist jedoch nicht in der Diskussion. © rme/aerzteblatt.de

Falsche Überschrift
1. Meningokokkeninfektionen werden in D (noch) seltener
2. dies betrifft alle Typen, vor allem die -gar nicht geimpfte- MenB
3. Beweise für eine Ursächlichkeit der derzeitigen Impfung fehlen
Warum soll der Leser hier irregeleitet werden?

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