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Medizin

Infektionen, nicht Antibiotika erhöhen Adipositas-Risiko von Kindern

Donnerstag, 3. November 2016

Oakland – Häufige Infektionen im ersten Lebensjahr, nicht aber der Einsatz von Antibiotika, waren in der Kohortenstudie eines US-Versicherers mit einer Adipositas im späteren Kindesalter assoziiert, wie aus einer Publikation in Lancet Diabetes & Endocrinology (2016; doi: 10.1016/S2213-8587(16)30281-9) hervorgeht. 

Der häufige Antibiotika-Einsatz in der Pädiatrie ist in den letzten Jahren aus verschie­denen Gründen in die Kritik geraten. Ein Vorwurf lautet, dass Antibiotika die Entwicklung der Darmflora nachhaltig stören. Dies verändere später die „Vorverdauung" der Nahrungsmittel durch die Darmbakterien, was über eine gesteigerte Resorption die Entwicklung der Adipositas fördere. Eine Analyse der Daten eines großen Versicherers aus Kalifornien kommt jetzt zu einem anderen Ergebnis.

De-Kun Li vom Forschungszentrum von Kaiser Permanente in Oakland wertete die elektronischen Daten von 260.556 Kindern aus, die zwischen 1997 und 2013 geboren wurden. Gespeichert wurden alle Diagnosen und Verordnungen sowie Angaben zu Gewicht und Größe der Kinder, aus denen sich der Body-Mass-Index berechnen lässt. Eigentlich hatte Li erwartet, dass die Kinder, die im ersten Lebensjahr häufig mit Antibiotika behandelt wurden, später häufiger übergewichtig oder adipös wurden. Dies war nicht der Fall.

Li entdeckte vielmehr eine Assoziation zwischen unbehandelten Infektionen und einer späteren Adipositas. Jede unbehandelte Infektion im ersten Lebensjahr erhöhte das Risiko um 25 Prozent (Odds Ratio 1,25; 95-Prozent-Konfidenzintervall  95% CI 1,20-1,29). Laut Li gab es eine Dosis-Wirkungsbeziehung: Je häufiger die Kinder im ersten Lebensjahr erkrankt waren und keine Antibiotika erhielten, desto größer war das Risiko auf spätere Gewichtsprobleme. Eine Assoziation zwischen den Antibiotika-Verordnungen und der Adipositas bestand dagegen nicht (Odds Ratio 1,01; 0,98-1,04). Eine Analyse von Zwillingen aus der Kohorte bestätigt die Ergebnisse.

Li konnte in der Untersuchung einige Begleitfaktoren wie Alter und BMI der Mütter, ethnische Herkunft, Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht, Antibiotikaverordnungen der Mütter sowie Infektionen während der Schwangerschaft berücksichtigen. Völlig „wasserdicht“ sind die Ergebnisse von Datenbankanalysen jedoch niemals.

Es besteht immer die Möglichkeit, dass der Verzicht auf die Antibiotika mit anderen Faktoren verbunden war, die für die spätere Adipositas verantwortlich sind. In den USA können dies beispielsweise ärmliche Verhältnisse sein. Li bleibt deshalb in der Bewertung zurückhaltend. Es bestehe kein Anlass für den grundlosen Einsatz von Antibiotika, etwa bei Virusinfektionen. Andererseits sollte jedoch nicht darauf verzichtet werden, wenn die Erkrankung dies erfordert. © rme/aerzteblatt.de

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