Medizin
Pränataldiagnostik: Pap-Abstrich liefert genetische Informationen des Feten
Donnerstag, 3. November 2016
Detroit - US-Forscher haben ein Verfahren entwickelt, das fetale Zellen in einem Zervix-Abstrich der Mutter aufspürt. Eine genetische Analyse könnte laut einer Studie in Science Translational Medicine (2016; 8: 363re4) für eine Pränataldiagnostik ab der fünften Schwangerschaftswoche genutzt werden. Eine Protein-Analyse liefert laut einem Bericht in Scientific Reports (2016; 6: 32382) möglicherweise Hinweise auf drohende Schwangerschaftskomplikationen.
In der Frühschwangerschaft lösen sich vereinzelt fetale Zellen von der Plazenta. Ab der fünften Woche sind sie in einem Zervix-Abstrich nachweisbar. Schon vor 45 Jahren gelang es Forschern, durch den Nachweis des Y-Chromosoms ein männliches Geschlecht des Feten nachzuweisen. Auch die Diagnose von Aneuploidien wie Morbus Down war im Prinzip möglich. Aufgrund der krassen Unterzahl gegenüber den mütterlichen Schleimhautzellen waren die Tests jedoch unzuverlässig und kein Ersatz für die Fruchtwasser-Analyse (Amniozentese) oder eine Chorionzottenbiopsie.
Dies könnte sich in absehbarer Zeit durch ein Verfahren ändern, das ein Team um Sascha Drewlo von der Wayne State University in Detroit entwickelt hat und das sie als „Trophoblast Retrieval and Isolation from the Cervix“ oder TRIC bezeichnen. Die Untersuchung beginnt mit einem einfachen Abstrich der Zervixschleimhaut, wie er als Pap-Test bei der Früherkennung des Zervixkarzinoms durchgeführt wird.
Nur etwa jede 2.000ste Zelle in dem Abstrich ist ein Trophoblast aus der Plazenta, stammt also vom Feten. Ein Unterscheidungsmerkmal ist das HLA-G-Molekül, das sich nur auf den Trophoblast-Zellen, niemals aber auf den Zellen der mütterlichen Zervix befindet. Die Forscher beschichteten magnetische Nanopartikel mit Antikörpern, die HLA-G erkennen. Danach konnten sie die TRIC mit Hilfe eines Magneten von den übrigen Zellen des Abstrichs trennen.
Die fetalen Zellen wurden auf einen Objektträger gebracht. Dann wurde das Zytoplasma mit Enzymen aufgelöst und ebenfalls entfernt. Übrig blieben die Zellkerne, die ausschließlich die DNA des Feten enthielten. In einem ersten Test wurden Abstriche von 20 Frauen untersucht, die in der 5. bis 19. Gestationswoche schwanger waren. Nach der TRIC-Isolierung wurden die Gene der Zellen sequenziert und mit denen der Mutter verglichen. Zwischen 85 und 99,9 Prozent der Gene stammten vom Feten und in allen Fällen konnte die Herkunft der Zelle vom Feten korrekt ermittelt werden.
Mit der neuen Technik könnte im Prinzip eine Pränataldiagnostik an einem Pap-Abstrich durchgeführt werden. Die Ergebnisse lägen bereits in der fünften Woche vor, also wesentlich früher als bei einer Chorionzottenbiopsie, die frühestens in der 9. Gestationswoche möglich ist, oder bei einer Amniozentese, die nicht vor der 12. Gestationswoche durchgeführt wird. Die Untersuchung wäre für den Feten ungefährlich.
TRIC könnte auch Informationen über den weiteren Verlauf der Schwangerschaft liefern. Denn durch die Isolierung der Zellen können auch die Proteine im Zytoplasma analysiert werden. Ihre Konzentration zeigt an, ob bestimmte Gene vermehrt abgelesen werden. Dies könnte beispielsweise auf eine drohende Präeklampsie oder auf intrauterine Wachstumsstörungen hinweisen, berichten die Forscher.
Ob sich TRIC tatsächlich für die Pränataldiagnostik oder die Früherkennung von Schwangerschaftskomplikationen eignen, müsste allerdings noch in weiteren Studien gezeigt werden. Letztlich ist es eine Frage des Geldes, denn die zur Genanalyse verwendete Technik der tiefen Sequenzierung ist heute noch recht teuer. © rme/aerzteblatt.de

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