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Ausland

Ärzte ohne Grenzen: 2016 „tödlichstes Jahr“ auf Mittelmeer

Freitag, 4. November 2016

/dpa

Berlin/Lampedusa/Rom – Das Jahr 2016 ist nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen „schon jetzt das Jahr mit den meisten Todesfällen im Mittelmeer“. Nach den jüngsten Unglücken von Flüchtlingsbooten stieg die Zahl der Toten auf dem Mittel­meer in diesem Jahr auf mehr als 4.200, wie die Ärzteorganisation unter Berufung auf Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) heute in Berlin mitteilte.

Auch die Schiffe von Ärzte ohne Grenzen hätten im Oktober mehrfach Leichen von ver­unglückten Booten geborgen, hieß es. Nicholas Papachrysostomou, Einsatzleiter auf dem Rettungsschiff „Dignity I“, erklärte dazu: „Der Oktober war für uns der entsetzlichste Monat des Jahres.“ Die Rettungsarbeiten seien auch durch Stürme und hohe Wellen behindert worden.

Allein die drei Schiffe mit Teams von Ärzte ohne Grenzen hätten „seit Januar fast 18.000 Menschen aus Seenot gerettet“, betonte die Ärzte-Organisation. Der Einsatzleiter prog­nos­tizierte, trotz der Rettungsmaßnahmen werde das Sterben im Mittelmeer weitergehen.

Papachrysostomou betonte: „Die EU und ihre Mitgliedstaaten können nicht weiter zu­schauen und Komplizen sein.“ Sie müssten ihre Politik gegenüber Flüchtlingen und Mi­granten, die an ihren Grenzen ankommen, ändern. Europa dürfe sich nicht nur auf „Ab­schreckungsmaßnahmen“ konzentrieren, sondern müsse „dringend legale und sichere Fluchtwege schaffen“.

Unter den Opfern des jüngsten Flüchtlingsunglücks vor der libyschen Küste sind laut Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef auch Kinder und schwangere Frauen. Eine junge Frau aus Liberia habe ihren zweijährigen Sohn, die 13 Jahre alte Tochter und den 21 Jahre alten Bruder verloren, hieß es. Die 31-Jährige sei nach Lampedusa gebracht worden und werde dort behandelt. „Die Frau hat durch die Tragödie einen schweren Schock erlitten. Ihre Kinder und ihr Bruder sind vor ihren Augen ertrunken“, so Unicef-Mitarbeiterin Helena Rodriguez.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR waren gestern bei zwei Havarien von Flüchtlingsbooten zwischen Libyen und Italien vermutlich mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Unterdessen wurden heute mehr als 1.200 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer zwischen Libyen und Italien gerettet. Nach Angaben der italienischen Küsten­wache, die die Operationen koordiniert, waren die Migranten in acht Schlauchbooten und zwei anderen kleineren Booten unterwegs.

Am frühen Morgen hatte laut Medienberichten ein Schiff der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen vor Sizilien 552 Menschen aufgenommen, die in vier Schlauchbooten Italien zu erreichen versuchten. 70 weitere, unter ihnen rund 30 Frauen und Kinder, seien auf der unbewohnten Insel Vendicari vor der sizilianischen Stadt Syrakus gesichtet und von ei­nem Handelsschiff an Bord genommen worden. Die Gestrandeten hatten demnach mit einem Satellitentelefon auf sich aufmerksam gemacht.

© kna/aerzteblatt.de

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