Medizin
Zika: Antikörperbehandlung schützt Mäuse vor Erkrankung
Dienstag, 8. November 2016
Nashville/Tennessee - Ein Antikörper, den US-Forscher im Blut von Infizierten entdeckt haben, hat in tierexperimentellen Studien in Nature (2016; doi: 10.1038/nature20564) bei trächtigen Mäusen eine Infektion der Feten verhindert. Kostengünstiger, wenn auch nicht ohne Risiken wäre ein Impfstoff, der das Immunsystem zur Bildung dieser Antikörper anregen würde.
Mit dem Beginn der kälteren Jahreszeit erscheint es zwar ausgeschlossen, dass die Zika-Epidemie auf Europa übergreift. Reisende in den Endemie-Regionen sind jedoch weiterhin gefährdet. Seit Juli 2015 wurden dem Europäischen Surveillance-System immerhin 1.944 Reise-assoziierte Zikavirus-Infektionen gemeldet. Darunter waren 91 Zika-Fälle bei schwangeren Frauen. Derzeit gibt es keine Möglichkeit, das Übergreifen der Infektion auf die Plazenta und die Feten zu verhindern. Zu den Folgen gehören schwere fetale Entwicklungsstörungen, eine Mikrozephalie oder eine Totgeburt.
In den USA, wo in diesem Jahr bereis 1.005 Infektionen von Schwangeren aufgetreten sind (plus 2.263 in den Territorien, sprich Puerto Rico) und das Virus in drei Gebieten in Florida von heimischen Mücken übertragen wird, ist die Sorge sehr viel größer. Die National Institute of Allergy and Infectious Diseases treibt deshalb die Forschung voran. Eine Möglichkeit, Schwangere zu schützen, bestünde in der Gabe von protektiven Antikörpern.
Diese Antikörper finden sich im Blut von Menschen, die eine Infektion überstanden haben. Die Kunst besteht darin, die Zika-Antikörper unter der Vielzahl von Antikörpern zu finden, die das Immunsystem für die Abwehr von Krankheitserregern bereit hält. Außerdem sind nicht alle Antikörper, die das Immunsystem gegen einzelne Erreger bildet, auch in der Lage, eine Infektion aufzuhalten.
Ein Team um James Crowe von der Vanderbilt Universität in Nashville/Tennessee hat im Blut von acht US-Amerikanern, die sich von einer Zika-Infektion erholt haben, nach neutralisierenden Antikörpern gesucht. Sechs hatten sich in Lateinamerika angesteckt. Die anderen beiden waren mit einer afrikanischen Variante des Virus infiziert worden.
Um die Antikörper zu finden, wurden etwa zehn Millionen Blutzellen in 384 Kulturen vermehrt, um dann in den Überständen nach Antikörpern zu suchen, die in der Lage sind, Zikaviren zu erkennen. Danach mussten die Forscher die B-Zellen, die diese Antikörper binden, identifizieren und mit Krebszellen (eines Myeloms) fusionieren. Das Ergebnis waren Hybridom-Zellen, die in der Lage sind, den Antikörper in größerer Menge zu produzieren.
Die Forscher haben dann aus einer Gruppe von 29 Antikörpern einen ausgewählt, der am ehesten in der Lage zu sein schien, alle Varianten des Zika-Virus zu neutralisieren. Mit diesem Antikörper, den die Forscher ZIKV-117 nennen, wurden dann trächtige Mäuse behandelt. Einige Tiere wurden einen Tag vor, andere einen Tag nach einer Infektion mit dem Zikavirus behandelt. In beiden Fällen senkte die Antikörperbehandlung die Viruskonzentration im Blut der schwangeren Tiere sowie in der Plazenta und in den Feten.
Der Antikörper schützte auch erwachsene männliche Mäuse vor einer tödlichen Infektion mit dem Zikavirus. Die Tiere überlebten, selbst wenn sie erst fünf Tage nach der Infektion behandelt wurden. Laut Crowe ist ZIKV-117 die erste effektive Behandlung gegen Zikaviren überhaupt. Die Antikörper könnten im Prinzip von Zellkulturen in beliebiger Menge produziert werden.
Das National Institute of Allergy and Infectious Diseases hält ein Szenario für möglich, in dem Frauen in einer Region, in der Zikaviren durch Insekten übertragen werden, während einer Schwangerschaft mit protektiven Antikörpern behandelt werden. Diese Behandlung wäre allerdings aufwändig und kostspielig. Langfristig werden deshalb einem Impfstoff bessere Chancen eingeräumt. Eine erste Vakzine ist dem Vernehmen nach bereits in der Entwicklung, bisher aber noch nicht an Mäusen getestet worden.
Der Impfstoff müsste dann zunächst in klinischen Studien getestet werden. Dabei müsste auf Komplikationen geachtet werden, die nach Infektionen mit Dengue-Viren, die mit dem Zikavirus verwandt sind, auftreten können. Bei vielen Patienten verläuft die erste Infektion relativ milde. Bei einer erneuten Infektion kommt es dann zu einer schweren Erkrankung. Die Forscher bringen dies mit sogenannten infektionsverstärkenden Antikörpern in Verbindung. Sie haben die Entwicklung von Impfstoffen gegen Dengue-Viren deutlich erschwert.
Das Problem könnte damit zusammenhängen, dass das Dengue-Virus in vier Varianten existiert. Dies ist beim Zikavirus nicht der Fall. Infektionsverstärkende Antikörper sind laut den Autoren bei in vitro-Experimenten beobachtet worden. In tierexperimentellen Studien seien sie niemals aufgetreten. Bisher gebe es auch keine epidemiologischen Hinweise, dass eine Zweitinfektion mit Zikaviren zu einem schweren Verlauf neigt. Viele Experten rechnen im Gegenteil damit, dass eine einmalige Infektion eine lebenslange Immunität hinterlässt. © rme/aerzteblatt.de

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