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Politik

Geplantes Bundesteilhabegesetz stößt auf Kritik

Dienstag, 8. November 2016

/dpa

Berlin – Das geplante Bundesteilhabegesetz (BTHG) steht in der Kritik: Bei einer Anhö­rung des Ausschusses für Arbeit und Soziales forderte eine Mehrheit von Experten Nach­besserungen. Anfang der Woche demonstrierten außerdem auf Initiative der Bun­desvereinigung Lebenshilfe rund 7.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor gegen den Entwurf und übergaben rund 150.000 Unterschriften gegen das geplante Gesetz.

Schwerpunkt des Gesetzes ist die Neufassung des neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX. Die Eingliederungshilfe soll dabei aus dem Fürsorgesystem der Sozialhilfe herausgeführt und das SGB IX zu einem Leistungsgesetz aufgewertet werden. Fachleistungen sollen künftig klar von den Leis­tungen zum Lebensunterhalt getrennt werden.

Dieser grundsätzliche Ansatz stieß bei der Anhörung weitgehend auf Zustimmung. Die Fachexperten kritisierten hingegen die Regelung, wonach Eingliederungshilfe künftig nur noch demjenigen gewährt werden soll, der unter Einschränkungen in fünf von neun im Gesetz definierten Lebensbereichen leidet. Für den Deutschen Caritasverband kritisierte Elisabeth Fix diese Regelung als „willkürlich“ und nicht ausreichend begründet. Horst Frehe, Sozialpolitiker und ehemali­ger Sprecher des Deutschen Behindertenrates, nannte diese Regelung „völlig miss­glückt“. Es sei zu befürchten, dass Menschen mit Sinnes- oder Lernbeeinträchtigungen aus dem System herausfielen, warnte er.

Mehrere Verbände forderten außerdem, das bisher geltende Prinzip „ambulant vor stati­o­när“ unbedingt im Gesetz zu verankern und den geplanten Vorrang der Pflege­leistun­gen gegenüber der Eingliederungshilfe zurückzunehmen. Zum Vorrang der Pflege­leis­tun­gen sagte Antje Welke von der Bundesvereinigung Lebenshilfe: „Die Eingliederungshilfe darf kein nachrangiges Prinzip werden.“ Die Träger dürften sich nicht aufgrund finan­ziel­ler Vorteile auf die Pflegeversicherung zurückziehen, denn die Ein­gliede­rungshilfe sei „etwas ganz anderes“.

Dissens gibt es auch beim sogenannten Poolen von Leistungen, also dem Vorhaben, gewisse Leistungen nicht individuell, sondern nur gruppenweise zu genehmigen, zum Beispiel Fahrdienste. Michael Conty, Vertreter des Bundesverbands der evangelischen Behindertenhilfe, mahnte, ein Poolen von Leistungen dürfe es nur mit Zustimmung der Betroffenen geben. Als Chance für eine wirtschaftlichere Leistungserbringung wertet dagegen Irene Vorholz, als gemeinsame Vertreterin des Deutschen Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes geladen, diese Bündelung von Leistungen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (Degemed) kritisiert den Gesetzentwurf. „Die Chance, die Rechte der Leistungserbringer im Reha-Bereich zu stärken und für mehr Transparenz und Verbindlichkeit in den Leistungsbeziehungen zu sorgen, wurde verpasst“, sagte die Degemed-Vorsitzende Constanze Schaal. Das Ge­setz bleibe außerdem hinter vielen berechtigten Erwartungen der Behinderten- und So­zial­verbände zurück, hieß es aus der Fachgesellschaft. © hil/aerzteblatt.de

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