Politik
Psychotherapeutenausbildung: Widmann-Mauz kündigt Arbeitsentwurf an
Mittwoch, 9. November 2016
Berlin – Vergangene Woche gelangte das Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Reform der Psychotherapeutenausbildung zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Gestern wurde das Papier bei der Tagung zur „Reform des Psychotherapeutengesetzes“ der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) erstmals offiziell vorgestellt und diskutiert. „Wir haben ein Modell für ein psychotherapeutisches Hochschulstudium mit Approbation und Staatsexamen vorgelegt, das unseren und den Anforderungen der Psychotherapeuten entspricht. Auch die Länder haben ihre Zustimmung signalisiert“, sagte Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin im BMG.
Der Präsident der BPtK, Dietrich Munz, wies noch einmal auf die Gründe für die dringende Reformbedürftigkeit der Ausbildung beziehungsweise des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) hin: die föderalen Ungleichheiten in der Zulassung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die prekäre finanzielle Situation der angehenden Psychotherapeuten, die „einer sozialen Selektion gleichkommt“ sowie die starke Orientierung der derzeitigen Ausbildung an der ambulanten Versorgung, „obwohl das Tätigkeitsfeld von Psychotherapeuten viel breiter ist“, so Munz.
Einige Jahre diskutierte der Berufsstand der Psychologischen Psychotherapeuten (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP), wie die postgraduale Ausbildung, die aus einem Studium der Psychologie oder Sozialpädagogik (KJP) mit anschließender drei- bis fünfjähriger Ausbildung an privaten oder universitären Instituten besteht, reformiert werden könnte. Am Ende dieses Prozesses stand der Beschluss des 25. Deutschen Psychotherapeutentags (DPT) im November 2014 zur sogenannten Direktausbildung, also eines Psychotherapiestudiums mit anschließender Weiterbildung, vergleichbar der ärztlichen Ausbildung.
Bundesärztekammer will Teil der Problemlösung sein
„Die Bundesärztekammer will Teil der Problemlösung der psychotherapeutischen Ausbildungsreform sein“, betonte Ulrich Clever, Vorstandsbeauftragter der Bundesärztekammer (BÄK) für Fragen der ärztlichen Psychotherapie. „Das heißt auch, dass wir Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten als eigenständigen Heilberuf anerkennen – obwohl viele in den Reihen der Ärzteschaft das nicht wollen.“ Clever appellierte an die BPtK, auch künftig von ärztlichen und Psychologischen Psychotherapeuten zu sprechen und nicht den Begriff Psychotherapeut für sich zu beanspruchen. Denn: „Die ärztliche Psychotherapie darf nicht in Vergessenheit geraten“. Darüber hinaus sei wichtig, dass der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie von BÄK und BPtK weiterhin gemeinsam betrieben werde.
Widmann-Mauz kündigte Gespräche über das Eckpunktepapier mit der Psychotherapeutenschaft Ende November und im Dezember mit der Ärzteschaft an. „Wir wollen eine Reform mit Ihnen gemeinsam entwickeln – im Sinne eines strukturierten Dialogs.“ Anschließend will das BMG einen Arbeitsentwurf für ein neues Psychotherapeutengesetz (PsychThG) vorlegen, damit das parlamentarische Verfahren beginnen kann. Wenn dieser vorliegt, „dann kann über die Weiterbildung diskutiert werden, denn das eine hängt mit dem anderen zusammen“, sagte die Staatssekretärin und: „Wir sind sehr gespannt auf Ihre Ideen zur Weiterbildung.“
Das Eckpunktepapier klammert die Weiterbildung bisher nämlich aus, was im Vorfeld bemängelt wurde. Unter anderem von der gesundheitspolitischen Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Maria Klein-Schmeink (MdB): „Das zentrale Thema der Weiterbildung bleibt komplett im Dunkeln. Dabei ist gerade die prekäre finanzielle Situation vieler Ausbildungsteilnehmer ein zentraler Grund für den Reformbedarf.“
Gesetz wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen
Die künftige Psychotherapeutenausbildung soll für die Behandlung Erwachsener sowie Kinder und Jugendlicher qualifizieren, stellte Staatssekretärin Widmann-Mauz klar. Und auch praktische Inhalte sollen nach den Eckpunkten in das Hochschulstudium integriert werden. „Wir wollen eine angeleitete und strukturierte praktische Ausbildung – anders als das heute der Fall ist.“ Das PsychThG werde in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen, stehe aber sicherlich in der folgenden „ganz oben auf der Agenda“, erklärte sie.
BPtK begrüßt Eckpunktepapier
„Die Eckpunkte des BMG sind für uns sehr wichtig und wir begrüßen sie“, sagte Munz. „Offen ist jedoch, ob mit einem Approbationsstudium in diesem Sinne eine hinreichende Qualifizierung auf EQR-7-Niveau möglich ist.“ Der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) ist eine Initiative der Europäischen Union, der berufliche Qualifikationen und Kompetenzen vergleichbar machen soll. Die Ziffer 7 beschreibt das zweithöchste Niveau. Die reformierte Ausbildung müsse wissenschaftliche und praktische Kompetenzen vermitteln sowie die Grundlage für die Weiterbildung sein, forderte Munz weiter. Sie müsse auch die inhaltliche Weiterentwicklung der Psychotherapie durch den Berufsstand ermöglichen. Die angehenden Psychotherapeuten brauchten zudem finanzielle und rechtliche Sicherheit in Aus- und Weiterbildung. „Für die Finanzierung der Weiterbildung müssen wir Lösungen finden“, betonte Munz.
BPtK-Vizepräsident Nicolaus Melkop ergänzte, dass das künftige Hochschulstudium „für eine eigenverantwortliche und selbstständige psychotherapeutische Tätigkeit qualifizieren muss“. Wichtig sei in jedem Fall Flexibilität für die inhaltliche und strukturelle Ausgestaltung. Die Struktur des Studiums müsse zudem offen für Bachelor- und Masterabschlüsse sein. Unklar sei darüber hinaus, wie eine angemessene Relation zwischen Studienplätzen und Weiterbildungsplätzen sichergestellt werden soll.
Die Bundesvorsitzende der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) Barbara Lubisch begrüßt, dass das Eckpunktepapier aus dem BMG „nicht nur auf die Beherrschung der Richtlinienpsychotherapie fokussiert“. Das Berufsbild sei inzwischen viel breiter aufgestellt. Ob all das, was die Eckpunkte auflisten, in das Studium integriert werden könne, sei indes fraglich. Manches sei sicherlich in der Weiterbildung besser aufgehoben. „Sehr wertvoll finde ich, dass das BMG unsere Vorstellungen eines gemeinsamen Berufs für Erwachsene und Kinder und Jugendliche aufgegriffen hat“, sagte Lubisch. Ganz wichtig sei darüber hinaus, dass die Finanzierung der Weiterbildung gesetzlich sichergestellt werde. „Dafür setzen wir uns ein“, sagte die DPtV-Vorsitzende.
Die Weiterbildung nach Approbation und Staatsexamen soll nach Vorstellungen der BPtK fünf Jahre betragen und hauptberuflich in Lehrpraxen oder komplementären Einrichtungen durchgeführt werden. Vorgesehen ist eine Spezialisierung entweder für Erwachsene oder für Kinder und Jugendliche sowie der Erwerb der Fachkunde in mindestens einem Psychotherapieverfahren. Die Weiterbildung soll zur selbstständigen Tätigkeit als „Fachpsychotherapeut“ im ambulanten und stationären Bereich qualifizieren und – analog zur ärztlichen Weiterbildung – auf Facharztniveau vergütet werden.
Expertisen zur Weiterbildung in Arbeit
Zur Organisation und den Finanzierungsmöglichkeiten der Weiterbildung hat die Bundespsychotherapeutenkammer Expertisen in Auftrag gegeben, die demnächst mit der Politik diskutiert werden sollen. Das Essener Forschungsinstitut für Management unter der Leitung von Jürgen Wasem und Anke Walendzik sucht Lösungen für den ambulanten Bereich. Das Deutsche Krankenhausinstitut hat die organisatorischen und finanziellen Auswirkungen einer möglichen neuen Weiterbildung für die Krankenhäuser unter die Lupe genommen. © PB/aerzteblatt.de

Bitte nicht
Warum nicht erst den Bachelor Psychologie machen und danach im Masterstudium ein Therapieverfahren erlernen, danach kann sich ja wie bei den Ärzten der Fach-Psychotherapeut anschließen.
Ach ja - eine Kassenzulassung dann natürlich auch erst nach 5-jähriger Weiterbildung.
In der Weiterbildung muss dann aber auch adäquat bezahlt werden.

Hoffentlich gibt es keinen "Schnellschuss" ...
Dr. med. Stephan Blaschke
Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie
Stellv. ltd. Arzt einer Akutpsychiatrie

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