Politik
Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel wird kein Schnellschuss
Mittwoch, 9. November 2016
Berlin – Das geplante Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel wird voraussichtlich nicht an das Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung angehängt, das morgen in erster Lesung im Bundestag beraten wird. Das hat der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Lutz Stroppe, heute bei einer Veranstaltung der Schwenninger Krankenkasse in Berlin erklärt.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) habe den Auftrag erteilt, einen Gesetzentwurf vorzubereiten und werbe jetzt bei den Ländern um Zustimmung. Da das geplante Gesetz der Europäischen Kommission vorgelegt werden müsse, sei eine enge Abstimmung erforderlich. Er sei skeptisch, ob das Versandverbot an die Novelle zum Arzneimittelgesetz angehängt werden könne. „Wir müssen erst einen Konsens finden“, sagte Stroppe.
Unterdessen hat heute der Gesundheitsausschuss des Bundesrates in Berlin eine Empfehlung für ein Verbot des Versandhandels von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln abgegeben. Darauf hat das Gesundheitsministerium in Bayern aufmerksam gemacht. Ministerin Melanie Huml (CSU) hatte sich neben Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für eine solche Lösung ausgesprochen. Am 25. November will sich das Plenum des Bundesrats mit der Empfehlung des Gesundheitsausschusses befassen.
Verschreibungspflichtige Arzneimittel: Gröhe will Versandhandel verbieten
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs müssen sich ausländische Versandapotheker nicht an die in Deutschland einheitlichen Preise für rezeptpflichtige Arzneimittel halten. Die Apotheker sind entsetzt, die Politik sieht Handlungsbedarf. Umstritten ist der Versandhandel mit Arzneimitteln seit seiner Einführung unter der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2004. [...]
Das geplante Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel ist eine Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Der hatte im Oktober entschieden, dass sich ausländische Versandapotheker nicht an die in Deutschland einheitlichen Preise für rezeptpflichtige Arzneimittel halten müssen. Teile der Politik und die Apothekerschaft befürchten nun einen ruinösen Preiswettbewerb, der die bewährte Apothekenstruktur in Deutschland gefährdet.
Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz greift die Bundesregierung Anregungen aus dem Pharmadialog auf, den das Ministerium mit Vertretern von Industrie, Kassen, Gewerkschaften und anderen geführt hatte. Vorgesehen ist unter anderem, dass die freie Preisbildung für ein Arzneimittel im ersten Jahr nach der Markteinführung künftig nur noch bis zum Erreichen eines Schwellenwerts von 250 Millionen Euro gelten soll.
Deutsches Ärzteblatt print
aerzteblatt.de
Zudem sollen die zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen vereinbarten Erstattungsbeträge geheim bleiben. Ärzte sollen künftig über ihre Praxissoftware besser über die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung informiert werden. Außerdem verlängert das Gesetz das geltende Preismoratorium für Arzneimittel bis zum Ende des Jahres 2022. Zu der Kritik an der Höhe der Umsatzschwelle sagte Stroppe heute, es sei darum gegangen, ein Gleichgewicht zu halten. Man wolle Mondpreise verhindern, ohne Forschung und Entwicklung zu hemmen. © HK/EB/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema




Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.