Politik
Gruppennützige Forschung an Nichteinwilligungsfähigen in engen Grenzen erlaubt
Mittwoch, 9. November 2016
Berlin – Künftig ist in Deutschland die Forschung an nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen erlaubt, auch wenn sie diesen nicht direkt nützt, sondern nur Menschen davon profitieren, die an derselben Erkrankung leiden. Voraussetzung ist, dass die Probanden zu einer Zeit, als sie noch im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren, nach ärztlicher Aufklärung eine entsprechende Verfügung verfasst haben.
Diesen Antrag von Abgeordneten um Georg Nüßlein (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) nahm der Bundestag mit 330 zu 243 Stimmen an. Er modifiziert den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher Vorschriften, dem der Bundestag heute in 2. Lesung zustimmte.
Ebenfalls Eingang in den Gesetzentwurf fand ein Antrag von Hubert Hüppe (CDU), der klarstellt, dass nichteinwilligungsfähige Kinder oder Erwachsene die Teilnahme an einer klinischen Prüfung jederzeit ablehnen und dies gegebenenfalls auch nonverbal äußern können. Die dritte und abschließende Lesung des Gesetzentwurfs, der deutsches Recht an die Vorgaben der EU-Verordnung über klinische Prüfungen (Nr. 536/2014) anpasst, findet am kommenden Freitag statt.
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Ursprünglich sollte der Bundestag bereits im Juni über den Gesetzentwurf abstimmen. Eine heftige ethische Debatte über die Zulässigkeit der gruppennützigen Forschung an Nichteinwilligungsfähigen, die quer durch die Fraktionen verlief, machte jedoch eine weitere Anhörung im Gesundheitsausschuss notwendig. Heute standen neben dem Antrag von Nüßlein und Lauterbach, der auch die Unterstützung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) fand, zwei weitere Anträge zur namentlichen Abstimmung.
Hilde Mattheis und Sabine Dittmer (beide SPD) sprachen sich zwar ebenfalls dafür aus, die gruppennützige Forschung an Nichteinwilligungsfähigen in engen Grenzen zu erlauben, sofern eine entsprechende Patientenverfügung vorliegt. Nach ihrem Willen sollte die Verpflichtung zur ärztlichen Aufklärung jedoch entfallen. Der Antrag wurde mit 508 zu 69 Stimmen abgelehnt.
Abgeordnete um Ulla Schmidt (SPD) und Uwe Schummer (CDU) plädierten dafür, die geltende Rechtslage beizubehalten, die die gruppen- und fremdnützige Forschung an Nichteinwilligungsfähigen verbietet. Für diesen Antrag stimmten 254 Abgeordnete, 321 dagegen. © HK/aerzteblatt.de

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