Politik
Psychotherapeutenausbildung: Überlegungen zur künftigen Weiterbildung
Donnerstag, 10. November 2016
Berlin – Nachdem das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Eckpunkte zur Reform der Psychotherapeutenausbildung vorgelegt hat, laufen die Überlegungen zur Organisation und Finanzierung der Weiterbildung auf Hochtouren. Die Eckpunkte sehen ein fünfjähriges Hochschulstudium der Psychotherapie vor, das mit Approbation und Staatsexamen endet und zur selbstständigen Tätigkeit qualifiziert. Um als Psychotherapeut an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen zu können, benötigen die Absolventen die in einer anschließenden Weiterbildung erworbene Fachkunde.
Nach Vorstellungen der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) soll die Weiterbildung (WB) fünf Jahre betragen und hauptberuflich in Lehrpraxen oder komplementären Einrichtungen durchgeführt werden. Dort sollen die Weiterbildungsteilnehmer angestellt werden. „Weiterbildungsinstitute“, nach bisherigen Überlegungen die derzeitigen Ausbildungsinstitute, sollen zur Koordination der WB herangezogen werden. Vorgesehen ist eine Spezialisierung entweder für Erwachsene oder für Kinder und Jugendliche sowie der Erwerb der Fachkunde in mindestens einem Psychotherapieverfahren.
Die Weiterbildung zum „Fachpsychotherapeuten“ soll auf Facharztniveau vergütet werden, so die Forderung der BPtK. „Uns fehlt in den BMG-Eckpunkten noch die Präzisierung der notwendigen Änderungen im SGB V zur Finanzierung der Behandlungen in den ambulanten Weiterbildungsstätten“, erklärte die Vorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung Barbara Lubisch bei dem Symposium der BPtK zur „Reform des Psychotherapeutengesetzes“ in Berlin.
Lösungen für den ambulanten und stationären Bereich
Zur Organisation und den Finanzierungsmöglichkeiten der Weiterbildung hat die BPtK Expertisen in Auftrag gegeben, die demnächst mit der Politik diskutiert werden sollen. Das Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement (EsFoMed) unter der Leitung von Jürgen Wasem und Anke Walendzik sucht Lösungen für den ambulanten Bereich. Das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) hat die organisatorischen und finanziellen Auswirkungen einer neuen Weiterbildung für die Krankenhäuser unter die Lupe genommen.
Psychotherapeutenausbildung: Erste Eckpunkte liegen vor
Ein wissenschaftliches Studium der Psychotherapie, das mit Staatsexamen und Approbation abschließt. Hierzu legt das Bundesgesundheitsministerium Eckpunkte vor. Das wichtige Thema der Weiterbildung wird indes (noch) ausgeklammert. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) schließt sich mit den vorliegenden Eckpunkten zur Novellierung der Psychotherapeutenausbildung weitgehend den Forderungen des [...]
Bei dem BPtK-Symposium stellte Anke Walendzik Modelle zur Finanzierung vor. „Die Weiterbildung allein aus den Erträgen der Behandlungsleistungen zu finanzieren, ist sehr schwierig“, sagte sie. Denkbar sei ein zusätzlicher „Strukturzuschlag zur Qualitätssicherung der Versorgung“, der von den Krankenkassen getragen wird.
Fondslösungen zur Finanzierung der Weiterbildung
Alternativ seien auch Fondslösungen vorstellbar, erklärte Walendzik: Neben den Eigenleistungen könnte die WB aus dem Gesundheitsfonds finanziert werden, als „Sonderfonds psychotherapeutische Weiterbildung“. „Das birgt aber große Risiken“, so die Wissenschaftlerin. Möglich sei auch die Finanzierung durch die Förderfonds für die ärztliche Weiterbildung nach §75 a SGB V unter Erweiterung der Zielsetzung dieses Fonds um Qualitätssicherung im Rahmen der Sicherstellung.
„Bei diesem Modell ist allerdings die Konkurrenz groß“, so Walendzik. Ein weiterer Förderfonds für die WB könnte aus Geldern der Rentenversicherung, der Länder, aus dem Topf für die Kinder- und Jugendhilfe und für den ambulanten Bereich auch von den Kassenärztlichen Vereinigungen gespeist werden. „Man kann sich gut vorstellen, die Modelle miteinander zu kombinieren, also Eigenleistungen der Psychotherapeuten in Weiterbildung, Strukturzuschlag und ein Förderfonds“, sagte Anke Walendzik.
„In den Krankenhäusern werden die Psychotherapeuten in Weiterbildung (PiW) grundsätzlich über die Entgeltsysteme finanziert werden“, erklärte Karl Blum vom DKI. Er rechnet mit Jahresbruttogehältern zwischen 50.000 und 60.000 Euro. Etwa 2.500 Absolventen pro Jahrgang, die die Weiterbildung anstreben, seien realistisch. Diese würden künftig zwei Jahre, statt bisher ein Jahr, in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern weitergebildet, sodass künftig rund 5.000 PiW pro Jahr auf die Kliniken zukämen. „Es wird aber gar nicht so viele Weiterbildungsplätze geben“, schränkte er direkt ein.
„Radikale Änderungen der Personalstruktur in den Krankenhäusern“
„Wir gehen davon aus, dass die PiW nach einem Psychotherapiestudium besser qualifiziert sind als die Psychotherapeuten in Ausbildung heute“, erklärte DKI-Forscher Blum. Entsprechend rechnet er damit, dass die PiW 80 Prozent der Leistungen erbringen, die jetzt ein ausgebildeter Psychotherapeut leistet. Die restlichen 20 Prozent würden auf Literaturstudium und anderes entfallen. „Die konkrete Ausgestaltung der Weiterbildung ist noch offen, aber die Reform wird zu radikalen Änderungen der Personalstruktur in den Krankenhäusern führen“, ist sich Blum sicher. © pb/aerzteblatt.de

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