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Medizin

Mukoviszidose: Forscher vermuten globale Epidemie mit multiresistenten Mykobakterien

Freitag, 11. November 2016

Histopathologische elektronenmiskroskopische Aufnahme  Mycobacterium abscessus /CDC

Cambridge – Die Gene einer multiresistenten Variante von Mycobacterium abscessus, das zunehmend die Behandlung von Mukoviszidose-Patienten erschwert, sind sich weltweit so ähnlich, dass Forscher in Science (2016; 354: 750-756) von einer „stillen“ globalen Epidemie ausgehen, deren Ausbreitungsmechanismen jedoch im Dunkeln liegen.

Atypische, nichttuberkulöse Mykobakterien können die Behandlung von Patienten mit Mukoviszidose (Zystische Fibrose) erschweren. Die Erreger, die natürlicherweise in feuchten Böden vorkommen, finden in dem zähen Schleim der Atemwege, dessen Produktion infolge eines Gendefekts erhöht ist, ideale Wachstumsbedingungen. Ein besonderer Problemkeim ist Mycobacterium abscessus, vor allem, wenn er infolge häufiger Antibiotikabehandlungen eine Resistenz gegen Antibiotika entwickelt hat. Zwischen 5 und 10 aller Mukoviszidose-Patienten sollen mit M. abscessus infiziert sein, Tendenz steigend.

Lange wurde vermutet, dass die Patienten die Erreger in der häuslichen Umgebung aufnehmen. Vor dreieinhalb Jahren schlugen dann Infektiologen der Universität Cambridge Alarm. Ihre Untersuchung von zwei Ausbrüchen in einem Behand­lungszentrum ergaben, dass die Bakterien dort unter den Patienten übertragen wurden. Die Publikation im Lancet (2013; 381: 1551-1560) hatte zur Folge, dass auch in Deutschland Maßnahmen zur Risikominimierung einer möglichen Übertragung von nicht tuberkulösen Mykobakterien ergriffen wurden.

Jetzt haben Josephine Bryan, Universität Cambridge, und Mitarbeiter ihre Unter­suchungen auf andere Länder ausgedehnt. Zusammen mit dem Sanger Institute wurden Genomanalysen an M. abscessus aus 1.080 Isolaten durchgeführt. Sie stammten von 517 Patienten, die in Behandlungszentren in Großbritannien, den USA, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Australien betreut wurden. 

Die Auswertung ergab eine überraschend hohe genetische Übereinstimmung der Erreger. Sie war wesentlich höher, als dies von M. abscessus im Erdreich bekannt ist. Ein Teil der Übereinstimmung könnte damit zusammenhängen, dass die Atemweg-Sekrete das Wachstum bestimmter Varianten begünstigen. Auch der Selektionsdruck durch die Antibiotikabehandlungen könnte eine Rolle gespielt haben.

Dies allein erklärt nach Ansicht der Autoren die genetische Homogenität jedoch nicht. Sie vermuten vielmehr, dass ein Austausch der Bakterien unter den einzelnen Zentren stattfand. Wie dies über Ländergrenzen, ja über Kontinente hinweg erfolgt sein kann, ist unklar. Ein Kontakt der Patienten untereinander ist ungewöhnlich, da sie in der Regel nur von einem Zentrum betreut werden. Ein Austausch von Geräten zwischen den Zentren findet nicht statt.

Die genetischen Befunde scheinen aber eindeutig zu sein. Eine Stammbaum-Analyse weist auf einen gemeinsamen Vorläufer hin, der um 1978 entstanden sein könnte. In einzelnen Fällen konnten die Forscher eine Übertragung von einem auf andere Patienten nachweisen. Dies könnte über verunreinigte Oberflächen oder auch direkt über eine Tröpfcheninfektion erfolgt sein.

Interessanterweise wiesen die bei den Patienten isolierten Erreger im Tierversuch an Mäusen eine höhere Pathogenität auf als ihre Verwandten aus dem Erdreich. Die Erreger haben sich in ihrer schnellen Evolution nicht nur an ihren neuen Wirt angepasst, sie scheinen gefährlicher geworden zu sein. © rme/aerzteblatt.de

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