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Politik

Bundestag berät über Umsatzschwelle für neue Medikamente

Freitag, 11. November 2016

Berlin – Die freie Preisbildung für ein Arzneimittel im ersten Jahr der Markteinführung soll künftig nur bis zum Erreichen eines Schwellenwerts von 250 Millionen Euro gelten. Da­nach gilt der zwischen Krankenkassen und Pharmaindustrie verhandelte Erstattungs­be­trag im Rahmen der frühen Nutzenbewertung. Das ist ein wesentlicher Inhalt des Ent­wurfs eines GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AMVSG), den der Deut­sche Bundestag gestern Abend in erster Lesung beraten hat. In das Gesetz sind die Er­gebnisse des sogenannten Pharmadialogs eingeflossen, den die Bundesregierung in den vergangenen zwei Jahren mit der Pharmaindustrie geführt hat.

Weitere Regelungen sehen vor, dass bei der Nutzenbewertung die Besonderheiten von Kinderarzneimitteln und die Resistenzsituation von Antibiotika besser berücksichtigt wer­den sollen. Außerdem sollen Ärzte künftig über ihre Praxissoftware besser über die Er­geb­nisse der frühen Nutzenbewertung informiert werden. Die zwischen Kranken­kassen und Pharmaunternehmen vereinbarten Erstattungsbeträge sollen dem Gesetz­entwurf zu­folge geheim bleiben. Des Weiteren ist vorgesehen, das seit 2009 geltende Preismo­rato­rium für Arzneimittel bis Ende 2022 zu verlängern. An die Stelle von Aus­schrei­bungen der Krankenkassen über Zytostatika, die sich an Apotheker richten, sollen Rabattver­trä­ge zwischen Kassen und Herstellern treten.

Bei der Überführung der im Pharmadialog erarbeiteten Vorschläge in den vorgelegten Ge­setzentwurf sei es um die Balance zwischen langfristiger Finanzierbarkeit des Ge­sund­heitssystems und Innovationsfreundlichkeit gegenüber der Industrie gegangen, er­klärte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gestern im Bundestag.

Das trifft nach Ansicht des Ministers auch auf die geplante Umsatzschwelle zu, die die Opposition für viel zu hoch hält. Selbst der SPD-Abgeordnete Edgar Franke teilte diese Ansicht: „Man muss sagen, dass diese Umsatzschwelle aufgrund ihrer Höhe in der Praxis weitgehend ins Leere läuft.“ Selbst bei einer Schwelle von 100 Millionen Euro wären im Jahr 2015 nur sieben Arzneimittel betroffen gewesen.

Franke plädierte dafür, den zwischen Kassen und Unternehmen verhandelten Erstatt­ungs­preis rückwirkend nach sechs Monaten gelten zu lassen, weil man zu diesem Zeit­punkt bereits wisse, ob ein Zusatznutzen gegeben sei oder nicht. Abgeordnete der Lin­ken und der Grünen sprachen sich für eine rückwirkende Geltung des Erstattungs­prei­ses ab dem Tag der Marktzulassung aus. „Das wäre im Übrigen auch ein wirklicher An­reiz, nur echte Innovationen auf den Markt zu bringen“, sagte Kathrin Vogler (Die Linke).

Sie kritisierte ebenso wie andere Oppositionspolitiker zudem die geplante Geheim­haltung der ausgehandelten Erstattungspreise. Damit mache man Preisvergleiche unmöglich, so Vogler. Bundesgesundheitsminister Gröhe hatte dagegen argumentiert, die Geheim­hal­tung ver­bessere die Verhandlungsposition der Krankenkassen.

Mit Blick auf das geplante Praxis­informationssystem erklärte Martina Stamm-Fibich (SPD), dabei dürfe es sich nicht um eine einseitige Information der Krankenkassen an die Ärzte handeln. „Eine Vermischung von Arzneimittelinformation und Verordnungs­steu­e­r­ung müssen wir vermeiden“, sagte Stamm-Fibich. Die Therapiefreiheit dürfe unter kei­nen Umständen durch das Arztinformationssystem eingeschränkt werden. Der Bundes­tag hat den Gesetzentwurf (Drucksache 18/10208) an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen.

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) kritisierte den Entwurf als „Spar­ge­setz“. Als Gefahr für die Arzneimittelversorgung bewertete der Pharmaverband, dass es dem Gemeinsamen Bundesausschuss künftig erlaubt sein soll, unter bestimmten Voraus­setzungen zeitgleich mit dem Beschluss über die Nutzenbewertung die Verord­nungsfäh­ig­­keit von Arzneimitteln einzuschränken, für die Kassen und Hersteller noch einen Erstat­tungsbetrag vereinbaren müssen. Das nehme Patienten und Ärzten wichtige Behand­lungs­alternativen. © HK/aerzteblatt.de

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