Medizin
Sauerstoffradikale in Erythrozyten bremsen Malaria
Freitag, 18. November 2016
Heidelberg – Sauerstoffradikale in den roten Blutzellen können die Entwicklung einer schweren Malaria bremsen. Das berichten Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Heidelberg und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) in der Zeitschrift Nature Communications (2016; doi: 10.1038/NCOMMS13401).
Bei der schweren Malaria, ausgelöst durch den Parasiten Plasmodium falciparum, kommt es zu Durchblutungsstörungen und in der Folge zu neurologischen Komplikationen. Die Plasmodien gelangen über den Stich einer infizierten Anopheles-Mücke in den Menschen, wo sie sich zunächst in den Leberzellen vermehren und dann die roten Blutkörperchen befallen. In diesen Zellen vermehren sie sich erneut und zerstören sie schließlich. Das Aufplatzen der Blutzellen verursacht die charakteristischen Fieberschübe und die Blutarmut.
Die neurologischen Komplikationen bei schwerer Malaria, wie Lähmungen, Krämpfe und schwere Gehirnschäden, kommen dadurch zustande, dass der Erreger spezielle Haftproteine ausbildet, die dafür sorgen, dass die roten Blutkörperchen an den Gefäßwänden haften bleiben und nicht aus dem Verkehr gezogen werden können. Eigens dafür etabliert der Parasit ein Transportsystem in der Blutzelle. Die Folge: Kleinere Blutgefäße verschließen und entzünden sich, Teile des Nervensystems werden nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt.
„Diese Fähigkeit der Parasiten, die roten Blutkörperchen an die Gefäßwände anzuheften, ist ein Schlüsselmechanismus der schweren Malaria“, erklärte Michael Lanzer, DZIF-Wissenschaftler am Universitätsklinikum Heidelberg. Bekanntlich entwickeln Patienten mit der in Afrika häufigen Sichelzellanämie keine schwere Malaria – dies ist für die Wissenschaftler ein Hinweis, dass die für diese Krankheit charakteristische erbliche Veränderung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin eine Rolle spielen könnte.
In ihren Versuchen zeigten die Heidelberger Forscher, dass ein Abbauprodukt des Hämoglobins, das sogenannte Ferryl-Hämoglobin, den Transport der speziellen Haftproteine stört und damit letztlich auch die Bindung der roten Blutkörperchen an die Gefäßwände. Ferryl-Hämoglobin ist ein irreversibel geschädigtes, chemisch verändertes Hämoglobin, das keinen Sauerstoff mehr binden kann. Es wird bei der Sichelzellanämie in größerer Menge gebildet, weil die dort vorkommenden Hämoglobin-Varianten weniger stabil sind.
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Die Forscher behandelten nun Mäuse vor einer Infektion mit dem Nahrungsergänzungsmittel Menadion, das zur Bildung von Sauerstoffradikalen führt. Die Folge: Die Entwicklung der schweren Malaria wurde abgeschwächt. „Ein Überschuss an Sauerstoffradikalen in den infizierten Zellen kann auch das stabilere Hämoglobin schädigen, in der Folge entsteht das Abbauprodukt Ferryl-Hämoglobin, das die beschriebene Schutzwirkung vor schwerer Malaria auslöst“, erklärte Lanzer. Damit ähnele Menadion in seiner Wirkweise der des Sichelzellhämoglobins.
„Es könnte möglich sein, auf dieser Basis einen Wirkstoff zu entwickeln, der die Erythrozyten so verändert, dass ein Transport der Haftproteine an die Gefäßwände und die anschließende Festsetzung der Erythrozyten mit den bekannten fatalen Folgen ausbleibt“, hofft Lanzer. © hil/aerzteblatt.de

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