Politik
IQWiG sieht Vorteile für Neugeborenenscreening auf schwere Immundefekte
Freitag, 18. November 2016
Köln – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sieht für ein Neugeborenenscreening auf schwere kombinierte Immundefekte einen „Anhaltspunkt für einen Nutzen“. Das geht aus dem vorläufigen Bericht zum Thema hervor.
Der schwere kombinierte Immundefekt (Severe combined Immunodeficiency, SCID) beschreibt eine Gruppe genetischer Erkrankungen, die durch ein völliges Fehlen der Immunabwehr charakterisiert sind. Wie viele Kinder in Deutschland mit SCID geboren werden, ist nicht bekannt. Statistiken der gesetzlichen Krankenversicherung berichten für 2013 von 21 Fällen bei unter einjährigen Kindern. Hierzu passen Daten aus den USA und Großbritannien, wo eine Inzidenz von 1:30.000 bis 58.000 errechnet wurde.
Die Störung der Immunfunktionen resultiert aus einer Hemmung der Entwicklung T-Lymphozyten, je nach zugrunde liegendem genetischen Defekt begleitet von einem Fehlen auch der B-Lymphozyten sowie der NK-Lymphozyten. Unbehandelt sterben die meisten Kinder mit SCID innerhalb von ein bis zwei Jahren. Etablierte kurative Therapie ist die allogene Knochenmark oder Stammzelltransplantation zur Rekonstitution einer intakten Immunfunktion.
In Deutschland werden Neugeborene entsprechend dem erweiterten Neugeborenenscreening der Kinder-Richtlinien des G-BA auf die dort genannten Zielkrankheiten untersucht. Dazu wird im Alter von 48 bis 72 Lebensstunden sogenanntes Filterkartenblut gewonnen, also eine Probe aus nativem Venen- oder Fersenblut, das auf Filterpapierkarten getropft und getrocknet wird. „Diese Probe könnte ebenfalls zur Bestimmung der T- beziehungsweise T- und B-Zell-Defizienz verwendet werden“, schreiben die IQWiG-Autoren.
Laut ihrer Literaturanalyse ist dies Vorgehen grundsätzlich geeignet, Kinder mit SCID zu identifizieren, allerdings reiche die Datenlage nicht aus, um die Sensitivität und Spezifität zu berechnen – es bleibe daher unklar, wie viele Kinder nicht gefunden werden. Das IQWiG verweist auf eine in Frankreich laufende vergleichende Interventionsstudie, in der auch Daten zur Sensitivität und Spezifität erhoben werden sollen. Allerdings werden für die Studie noch bis Juni 2018 Daten gesammelt.
© hil/aerzteblatt.de

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