Vermischtes
IGeL-Monitor lehnt Ultraschall der Halsschlagadern als Schlaganfallvorsorge ab
Freitag, 18. November 2016
Essen – Eignen sich Ultraschalluntersuchungen der Halsschlagadern zur Schlaganfallprophylaxe? Das hat der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) jetzt geprüft. Im Ergebnis bewertet der IGeL-Monitor entsprechende Angebote als „tendenziell negativ“.
Die Wissenschaftler des IGeL-Monitors suchten nach Übersichtsarbeiten und Studien, die den Fragen nachgingen, ob eine Untersuchung mittels Duplexsonographie oder Farbduplexsonographie dazu beitragen kann, die Häufigkeit von Krankheit und Tod durch einen Schlaganfall zu vermindern und dadurch die Lebensqualität der Menschen zu verbessern.
Es ging dabei um Menschen über 50 Jahren mit oder ohne Risikofaktoren für eine Gefäßkrankheit, aber ohne Beschwerden. Als Vergleich sollten Menschen ohne Untersuchung dienen. Die Forscher fanden lediglich eine Übersichtsarbeit von 2014, die sich mit dieser Fragestellung auseinandersetzt. Allerdings fanden die Autoren der Übersichtsarbeit nach eigenen Angaben keine hochwertigen Studien, so dass die Frage nach einem Nutzen nicht beantwortet werden konnte.
Es sei daher nicht bekannt, ob Menschen, die ihre Halsschlagadern untersuchen und sich gegebenenfalls entsprechend behandeln ließen, tatsächlich seltener einen Schlaganfall bekämen als Menschen, die sich nicht untersuchen lassen, fasst das Team des IGeL-Monitors zusammen.
Andere Studien wiesen hingegen auf mögliche Schäden hin, schreiben die Autoren weiter. Ein Ultraschall der Halsschlagadern zur Schlaganfallvorsorge bei Menschen ohne Beschwerden wäre aus Sicht der IGeL-Autoren dann schädlich, wenn die Untersuchung selbst Nebenwirkungen hätte, oder Folgen der Untersuchung wie weitere Abklärungen und/oder Therapien die Menschen gefährden oder ihre Lebensqualität beeinträchtigen würden.
Auch wenn die Autoren der Übersichtsarbeit keine Studien gefunden haben, die sich mit den positiven und negativen Folgen der Untersuchung im Hinblick auf einen Schlaganfall auseinander gesetzt haben, so seien doch Studien gefunden worden, die nach den Folgen der Treffsicherheit der Duplexsonographie fragten.
„Aus diesen Studien schließen die Autoren, dass viele Befunde zu erwarten sind, die mit weiteren Untersuchungen abgeklärt werden und sich dabei als Fehlalarme heraus stellen“, erläutern die IGeL-Wissenschaftler in ihrer Bewertung.
Diese Untersuchungen könnten unerwünschte Wirkungen haben: Eine CT-Angiographie etwa bringe die Nebenwirkungen von Röntgenstrahlen und Kontrastmitteln mit sich. Die Zeit der Unsicherheit bis zur Diagnose könne darüber hinaus sehr belastend sein. Außerdem seien Befunde zu erwarten, die zwar korrekt seien, aber zu Behandlungen führten, die letztlich nicht nötig gewesen wären, weil die Verengungen der Halsschlagader zeitlebens keine Beschwerden verursacht hätten, heißt es weiter. „Insgesamt sehen wir also Hinweise auf Schäden“, lautet das Fazit des IGeL-Monitor-Teams.
Die Autoren wiesen darüber hinaus darauf hin, dass sie in der internationalen Literatur vier Leitlinien gefunden haben. Keine davon empfehle eine Reihenuntersuchung von Menschen ohne Beschwerden und ohne besondere Risikofaktoren. „Die hochwertige ärztliche ,S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der extracraniellen Carotisstenose' vom August 2012, an der mehrere deutsche Fachgesellschaften mitgewirkt haben, rät aufgrund der Studienlage ebenfalls von einer Reihenuntersuchung ab“, so die Experten des IGeL-Monitors. Ein routinemäßiges Screening auf das Vorliegen einer Carotisstenose soll nicht durchgeführt werden, heiße es in der Leitlinie.
Die Experten seien sich einig, dass es sinnvoll sei, eher gefährdete Patienten – mit „vaskulären Risikofaktoren“ – mit Ultraschall zu untersuchen, sofern beabsichtigt sei, sie dann auch zu behandeln. Finde sich eine Verengung, sollte die Ader nach Meinung der Experten nach einem halben Jahr und bei unverändertem Befund anschließend jährlich kontrolliert werden. „Die Leitlinie ist seit dem 30. Juni 2016 abgelaufen, das heißt, dass die Empfehlungen überprüft werden sollten“, schreiben die Wissenschaftler des IGeL-Monitors.
Im Rahmen von Maßnahmen zur Herz-Kreislauf-Vorsorge oder Gefäß-Check bieten Ärzte laut IGeL-Monitor Ultraschall der Halsschlagadern als Selbstzahlerleistung an. Sie gehen davon aus, dass sich verengte Halsschlagadern – eine häufige Ursache von Schlaganfällen – dadurch frühzeitig erkennen und entsprechend behandeln lassen. © may/hil/sb/aerzteblatt.de

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