Medizin
Ustekinumab: Psoriasis-Medikament lindert Morbus Crohn
Sonntag, 20. November 2016
San Diego – Der monoklonale Antikörper Ustekinumab, der seit einigen Jahren zur Behandlung der Psoriasis zugelassen ist, hat in Phase 3-Studien bei Patienten mit Morbus Crohn, die nicht auf TNF-Inhibitoren oder andere Standardmedikamente ansprachen, eine Remission erzielt und unter einer Erhaltungstherapie Rezidive verhindert. Die Ergebnisse, die im New England Journal of Medicine (2016; 375: 1946-1960) vorgestellt wurden, haben kürzlich zu einer Zulassungserweiterung in Europa und den USA geführt.
Ustekinumab bindet an eine gemeinsame Untereinheit von Interleukin-12 (IL-12) und Interleukin-23 (IL-23) und blockiert dadurch die Wirkung der beiden Zytokine, die an der Entzündungsreaktion beteiligt sind. Der Antikörper wurde 2009 zunächst zur Behandlung der Psoriasis vulgaris und später auch zur Psoriasis-Arthritis zugelassen. Das Mittel hat sich in beiden Indikationen in der Langzeitanwendung bisher als sicher erwiesen.
Der Hersteller lässt deshalb die Wirkung bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen prüfen, zu denen der Morbus Crohn gehört. Diese Erkrankung wird heute mit Steroiden, Immunsuppressiva, TNF-Blockern und Integrin-Inhibitoren behandelt, die nicht immer eine Remission erzielen und zu deren Nebenwirkungen teilweise ein erhöhtes Risiko von Infektionen und Krebserkrankungen gehört. Die meisten Therapeuten dürften es deshalb begrüßen, wenn ihre Optionen erweitert werden.
Die kürzlich erteilte EU-Zulassung basiert auf den Daten aus drei Phase-3-Studien, an denen etwa 1.400 Patienten mit moderatem bis schwerem Morbus Crohn teilnahmen. Die 741 Teilnehmer der UNITI-1-Studie hatten zuvor nicht oder nicht mehr auf TNF-Blocker angesprochen. Die 628 Teilnehmer der UNITI-2-Studie waren zuvor erfolglos mit Immunsuppressiva wie Azathioprin, Mercaptopurin oder Methotrexat oder mit Steroiden behandelt worden oder es waren inakzeptable Nebenwirkungen aufgetreten.
Die Patienten beider Studien wurden auf eine intravenöse Dosis von Ustekinumab (entweder 130 mg oder etwa 6 mg pro Kilogramm Körpergewicht) oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt der Studie war eine klinische Remission in Woche 6, definiert als eine Abnahme von des CDAI (Morbus Crohn Disease Activity Index) um 100 oder mehr Punkte oder ein Abfall des CDAI auf unter 150 Punkte.
Dieses Ziel erreichten in der UNITI-1-Studie 34,3 Prozent beziehungsweise 33,7 Prozent der Patienten, die mit Ustekinumab in der Dosis von 130 mg beziehungsweise 6 mg pro Kilogramm Körpergewicht behandelt wurden, gegenüber 21,5 Prozent der Patienten in der Placebo-Gruppe. In der UNITI-2-Studie waren es 51,7 Prozent beziehungsweise 55,5 Prozent unter Ustekinumab gegenüber 28,7 Prozent in der Placebo-Gruppe. Die Unterschiede zwischen Ustekinumab und Placebo waren laut William Sandborn von der San Diego School of Medicine und Mitarbeitern statistisch signifikant
In der dritten Studie, IM-UNITI, wurden die 397 Patienten, die in den beiden UNITI-Studien eine Remission erreichten, auf eine Erhaltungstherapie mit Placebo oder 90 mg Ustekinumab randomisiert, das entweder alle acht Wochen oder alle zwölf Wochen subkutan injiziert wurde. Unter den beiden Ustekinumab-Behandlungen blieben 53,1 Prozent beziehungsweise 48,8 Prozent der Patienten bis zum Ende der Studie in Woche 44 in Remission gegenüber 35,9 Prozent in der Placebo-Gruppe.
Die Verträglichkeit von Ustekinumab in den Studien war gut. Es wurden keine Hinweise auf eine vermehrte Rate von Infektionen oder Krebserkrankungen gefunden. Dies schließt allerdings nicht aus, dass das Risiko langfristig erhöht ist. Die Fachinformationen weisen bereits jetzt darauf hin, dass Ustekinumab unter Umständen das Risiko von Infektionen erhöht oder latente Infektionen reaktiviert.
Patienten mit latenter Tuberkulose müssen die Erkrankung vor der Behandlung auskurieren. Von der Verwendung von Lebendimpfstoffen wird abgeraten. Wie alle Immunsuppressiva hat Ustekinumab laut den Fachinformationen das Potenzial, die Entwicklung von malignen Tumoren zu fördern, auch wenn die aktuelle Studie hierfür keinen Hinweis fand.
Diese Warnhinweise gelten selbstverständlich auch für Patienten mit Morbus Crohn. Die Zulassung ist hier auf die Einschlusskriterien der Studie beschränkt, also erwachsene Patienten mit mittelschwerem bis schwerem aktivem Morbus Crohn, die entweder auf eine konventionelle Therapie oder einen der TNF-Blocker unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit oder eine Kontraindikation gegen eine entsprechende Behandlung aufweisen. © rme/aerzteblatt.de

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