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Politik

Diabetes@work: Vorschläge für eine gesunde Arbeitswelt

Freitag, 25. November 2016

Freiwillige Präventionsangebote werden  von vielen  Arbeitnehmern angenommen /Günther Richter, pixelio.de

Berlin – Gesundheitsprävention gestaltet sich zunehmend als zentrale Herausforderung in der Arbeitswelt. Denn immer häufiger erkranken Menschen bereits im berufstätigen Alter. Um die Öffentlichkeit und die Politik auf das Problem chronischer Erkrankungen am Arbeitsplatz, wie etwa Diabetes, aufmerksam zu machen, stellte die 2013 gegründe­te Initiative Diabetes@work diese Woche Best-Practice-Beispiele aus fünf großen Unternehmen in Berlin vor. Das Präventionsgesetz biete dabei zwar eine gute Basis, würde aber noch unzureichend umgesetzt, kritisierte ein Großteil der Diskutanten, darunter Vertreter von Verbänden und Bundestagsabgeordnete aus CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Linken.

Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), stellte gleich zu Beginn die Bedeutung der Betriebsärzte als Schlüsselfiguren heraus. Sie gewähr­leisten einen niederschwelligen Zugang zur Gesundheitsprävention. „Wir haben uns vorgenommen, die 76 Millionen Euro, die wir im Bereich der betrieblichen Gesund­heitsförderung im letzten Jahr zur Verfügung gestellt haben, in 2017 zu verdoppeln“, kündigte Stroppe an.

Aufgaben und Ziele von Diabetes@work

  • Versorgung stärken
  • niederschwellige Angebote schaffen
  • regionale Netzwerke fördern
  • Risikofaktoren in Firmen identifizieren
  • informieren und aufklären

primäre Aufgaben der Politik

  • Rahmenbedingungen verbessern
  • Bürokratie vor allem für mittelständische Unternehmen abbauen
  • nationale Diabetesstrategie voranbringen

Im Rahmen der Podiumsdiskussion rückten insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen in den Fokus. Im Präventionsgesetz sei der Zugang für diese Gruppen nicht klar geregelt, sagte Kordula Schulz-Asche, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit für die Grünen. „Hier sollten die Industrie- und Handelskammer sowie die Kommu­nen eine größere Rolle spielen. Sie müssen Synergieeffekte in ihren Ange­boten schaffen, damit kleine und mittel­ständische Unternehmen an den Pro­gram­men teilhaben können“, forderte sie. Wolfgang Panter, Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW), sieht vor allem die Krankenkassen unter Zugzwang, entsprechende Angebote zu schaffen.

Best-Practice-Beispiele zur Prävention im Betrieb
Sein Verband habe auch bereits Vorschläge an den GKV-Spitzenverband adressiert, die jedoch abgelehnt wurden. Beispielsweise ein freiwilliges Angebot für eine Darmkrebs­vorsorge über den Betriebsarzt. „Der GKV-Spitzenverband wolle stattdessen den Krankenkassen empfehlen, ihre Mitglieder anzuschreiben und an die Vorsorge zu erinnern“, sagt Panter. Dieses Vorgehen hält er nicht für zielführend.

„Die Best-Practice-Beispiele, die wir bei Diabetes@work erarbeitet haben, zeigen ganz deutlich, dass freiwillige Präventionsangebote von fast allen Arbeitnehmern angenommen werden“, sagte Panter und führte fort: „Zudem erreichen wir so genau die Menschen, die sonst nicht den Hausarzt aufsuchen für einen Check-up.“ Alle drei Jahre erhalten Mitarbeiter der Firma ThyssenKrupp eine Einladung zur Vorsorge. Hier untersucht der Betriebsarzt Blutwerte, beispielsweise auf Diabetes oder Fettstoff­wechselstörungen, und gibt Empfehlungen für den Alltag. Dieses Vorgehen ordnet der Betriebsarzt Panter auch nachhaltiger ein als einzelne Gesundheitstage.

Ein anderes Best-Practice-Beispiel liefert die Fraport AG in Frankfurt am Main. Das Unternehmen bietet seiner Belegschaft unter anderem Betriebssportgruppen, ein firmeneigenes Fitnessstudio und Gesundheitsvorträge. Für Auszubildende der Fraport AG gibt es das Programm „FRAzubi Fit“. Nachwuchskräfte können sich im Rahmen von Gesundheitsseminaren weiterbilden und durch die Teilnahme an Sportkursen Punkte sammeln, die sich ab einem bestimmten Wert in Einkaufsgutscheine umwandeln.

Abstimmungsschwierigkeiten mit dem Finanzministerium
Während bei großen Unternehmen Vorsorgeprogramme durch den Betriebsarzt gängig seien, könne man bei mittelständischen und kleinen Unternehmen keine Angaben über die Häufigkeit machen, sagte Panter. Es handle sich dabei um eine freiwillige soziale Leistung, die bis 500 Euro pro Mitarbeiter pro Jahr nicht versteuert werden muss.

„Sobald der Betrag diese Grenze von 500 Euro auch nur um einen Cent überschreitet, fallen auf den gesamten Betrag 20 Prozent für die Sozialversicherungspflicht an sowie 25 Prozent Steuern“, berichtete Panter. Sein Verband fordere, nur den Betrag zu versteuern, der über den Freibetrag hinausginge und den Freibetrag zudem auf 1.000 Euro zu erhöhen. Das Finanzministerium hat dieser Forderung bisher eine Absage erteilt.

Viele Unternehmen klagen zudem über Schwierigkeiten bei der Anerkennung präventi­ver Maßnahmen im Betrieb. Das dreiwöchige Gesundheitstraining soll als geldwerter Vorteil durch den Mitarbeiter versteuert werden, berichtet ein Mitarbeiter der Firma Siemens. „Das konterkariert die Grundidee des Präventionsgesetzes“, kritisiert Martina Stamm-Fibich, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit für die SPD, die Forderung des Finanzamtes. Maria Michalk, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit für die CDU/CSU, kündigte an, das Problem im Ausschuss zu thematisieren. „Unternehmer sollten sich keine Sorgen machen müssen, dass Gesundheitsvorsorge, die der Betriebsarzt empfiehlt, vom Finanzamt nicht anerkannt wird.“ Man müsse sich daher noch besser mit dem Steuerrecht abstimmen.

Am Ende seien nicht nur gemeinsame Maßstäbe, sondern auch klar definierte Zielvor­gaben nötig, um dem Problem chronischer Erkrankungen und ihrer Auswirkung auf die Arbeitswelt zu begegnen. Darin stimmen Schulz-Asche, Birgit Wöllert von den Linken und der Vorstand der Betriebskrankenkassen, Franz Knieps, überein. „Wir müssen Diabetes eine politische Wertigkeit verleihen und uns an dem messen lassen, was wir uns vornehmen“, so Knieps. Die Nationale Diabetesstrategie sei hierfür ein wichtiger Baustein. Ginge es nach der CDU/CSU, würde diese auch baldmöglichst verabschiedet, sie stünde ganz oben auf der Agenda des BMG, sagte Michalk. Man sei sich zurzeit aber noch uneins mit dem Koalitionspartner. © gie/kk/aerzteblatt.de

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