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Medizin

EXITS oder warum Krebs bei Männern häufiger auftritt

Mittwoch, 23. November 2016

Gensignatur /wikipedia

Boston - Sechs Gene auf dem X-Chromosom, die der normalen Inaktivierung entgehen, könnten ein wichtiger Grund sein, warum viele Krebserkrankungen bei Männern häufiger sind als bei Frauen. In Nature Genetics (2016; doi: 10.1038/ng.3726) stellen US-Genforscher die EXITS-Hypothese vor.

Laut dem US-Krebsregister SEER treten Krebserkrankungen bei Männern insgesamt zu 20,4 Prozent häufiger auf als bei Frauen. Bei vielen Krebserkrankungen ist das Geschlechter-Verhältnis sogar 2 zu 1 oder noch höher. Früher wurde der Unterschied auf den häufigeren Tabakkonsum zurückgeführt oder auch auf krebserregende Substanzen am Arbeitsplatz.

Tatsächlich nehmen einige Krebserkrankungen wie Lungenkrebs bei Frauen zu, seit diese ebenso häufig rauchen wie Männer. Bei anderen Krebserkrankungen, etwa in Nieren, Nierenbecken, Blase und im Kopf-Hals-Bereich hat sich das Verhältnis jedoch kaum verändert. Gegen ausschließlich externe Gründe spricht auch, dass das Geschlechter-Verhältnis weltweit in den unterschiedlichsten Kulturkreisen besteht, die sich in ihren Risikofaktoren erheblich unterscheiden.

Ein Team um Andrew Lane vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston vermutet, dass es genetische Gründe für den Geschlechter-Unterschied geben muss. Die verantwort­lichen Gene vermuten die Forscher auf dem X-Chromosom, das bei Männern nur einmal vorliegt.

Mutationen in Genen, die Krebserkrankungen verhindern, auch Tumor-Suppressoren genannt, würden bei Männern deshalb eher als bei Frauen zum Krebswachstum führen, da Frauen ja ein zweites Genexemplar auf dem anderen X-Chromosom haben. Dies ist allerdings nicht ganz richtig, da das zweite X-Chromosom inaktiviert ist. Die Inaktivierung ist jedoch nicht komplett, ein „Escape“ ist möglich. Lane vermutet, dass einige Tumor-Suppressoren der Inaktivierung entgehen könnten. Er bezeichnet diese Gene als EXITS (für: „escape from X-inactivation tumor suppressor). 

Ein EXITS war bekannt: Bei einer Variante der Leukämie, an der überwiegend Männer erkranken, ist das KDM6A ausgefallen. Wenn Frauen erkranken, liegen meistens Mutationen in beiden Allelen vor. Um weitere EXITS zu finden, hat Lane die Genome von 4.100 Patienten analysiert, die an 21 Krebsformen erkrankt waren. Die meisten Genome wurden in den letzten Jahren für „The Cancer Genome Atlas“ (TCGA), ein Projekt der US-National Institutes of Health, sequenziert. Tatsächlich waren sechs Gene bei Männern deutlich häufiger mutiert als bei Frauen. Eines der sechs Gene war KDM6A. Bei drei weiteren Genen wird vermutet, dass es sich um Tumor-Suppressoren handelt, deren Ausfall das Krebswachstum fördern kann.

Dass es sich bei den mutierten Genen um einen Zufallsfund handelt, hält Lane für unwahrscheinlich, weil in keinen von 18.055 Genen auf den anderen Chromosomen oder in den pseudoautosomalen Regionen des X-Chromosoms (die ein entsprechendes Gen auf dem X-Chromosom haben) eine ähnliche Häufung aufgefallen ist. 

Die sechs EXITS sind sicherlich nicht der einzige Grund, warum Männer häufiger als Frauen an Krebs erkranken. Rauchen, Alkoholkonsum und hormonelle Unterschiede hätten einen Anteil, schreibt Lane. Der Forscher hat versucht, den Anteil der Gene zu quantifizieren. Beim Low grade Gliom, einem besonders aggressiven Hirntumor, könnten 80 Prozent des Geschlechter-Unterschieds auf Mutationen im Gen ATRX zurückzuführen sein, berichtet Lane.

Mutationen in KDM6A könnten für 8,6 Prozent der „geschlechtsbedingten“ Kopf-Hals-Tumoren verantwortlich sein, beim Klarzellkarzinom entfallen laut den Berechnungen von Lane 12,1 Prozent auf KDM5C-Mutationen. Und diese Berechnungen seien jedoch nur eine erste Annäherung schreibt Lane. Da Anteil könnte noch größer sein, da nicht alle Mutationen bekannt seien.

© rme/aerzteblatt.de

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