Politik
Ein Zehntel seiner Wirtschaftsleistung gibt Deutschland für Gesundheit aus
Mittwoch, 23. November 2016
Berlin – Mehr als jeder zehnte in Deutschland erwirtschaftete Euro wird im Gesundheitsbereich ausgegeben. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag im vergangenen Jahr bei 11,1 Prozent, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Europäische Kommission am Mittwoch in Berlin und Brüssel mitteilten.
Die beiden Institutionen riefen zugleich dazu auf, vorzeitige Todesfälle durch potenziell vermeidbare Krankheiten wie Herzinfarkte, Diabetes oder Krebs durch gezieltere Prävention zu minimieren. In der Bundesrepublik starben demnach 2013 rund 87.000 Menschen im Erwerbsalter zwischen 25 und 64 Jahren an derartigen Erkrankungen.
Mit seinen Gesundheitsausgaben war Deutschland der Untersuchung zufolge gemeinsam mit Schweden, das es ebenfalls auf 11,1 Prozent brachte, Spitzenreiter in der EU. In die Statistik flossen staatliche und private Ausgaben ein, wobei öffentliche Ausgaben mit mehr als neun Prozent den Löwenanteil ausmachten. Das deutsche BIP lag 2015 bei 3,03 Billionen Euro. Die Summe der Gesundheitsausgaben betrug demnach 336,3 Milliarden Euro.
Der EU-Durchschnitt lag bei 9,9 Prozent des nationalen BIP – bei erheblichen Unterschieden. Während Frankreich mit elf Prozent und die Niederlande mit 10,8 Prozent einen ähnlichen Anteil ihrer Jahreswertschöpfung in Gesundheitssysteme steckten, waren es in Griechenland 8,2 Prozent und in Rumänen nur fünf Prozent.
Als Grund für die vergleichsweise hohe Ausgabenquote in Deutschland nannten die OECD und die EU-Kommission in ihrem gemeinsamen Bericht „Gesundheit auf einen Blick: Europa 2016“ (2016; doi: 10.1787/23056088) die flächendeckende, gute Verfügbarkeit medizinischer Infrastrukturen und Dienstleistungen. Unter anderem gebe es mehr Ärzte und Krankenpfleger pro Kopf der Bevölkerung als im EU-Schnitt – ebenso wie den höchsten Bestand an Krankenhausbetten sowie Magnetresonanztomografen pro Bürger.
Ein Faktor seien aber auch die relativ hohen Operations- und Klinikeinweisungsraten, erklärte die OECD. Das sei teils durch demografische Faktoren zu erklären, begründe sich aber auch durch spezifische Differenzen in Behandlungsrichtlinien und -praktiken.
EU-weit sterben dem Bericht zufolge jährlich mehr als 550.000 Menschen im Erwerbsalter vorzeitig an vermeidbaren Krankheiten. „Er verdeutlicht, dass in der EU jedes Jahr viele Menschen an potenziell vermeidbaren Krankheiten sterben, die mit Risikofaktoren wie Rauchen oder Fettleibigkeit verknüpft sind“, erklärte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis.
Der OECD zufolge verzeichnete Deutschland bei der Eindämmung des Rauchens zwar Erfolge. So fiel der Anteil regelmäßiger Raucher seit 2003 von 24 Prozent auf 21 Prozent. Der Wert etwa aus Schweden (zwölf Prozent) zeige aber, dass weniger noch möglich sei. Außerdem sei „exzessiver Alkoholkonsum“ weiter verbreitet als in den meisten andere EU-Staaten.
Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten forderte den Bundestag zu schärferen Maßnahmen gegen Tabak, Alkohol und kalorienreiche Fertiglebensmittel auf. Deutschland solle dem Beispiel anderer EU-Staaten folgen und stark fett-, zucker- sowie salzhaltige Speisen höher besteuern, erklärte der Zusammenschluss von Fachgesellschaften, Verbänden und Forschungsinstitutionen. Die Mehrwertsteuer für gesunde Lebensmittel solle sinken. © afp/aerzteblatt.de

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