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Politik

Millionenförderung für Vernetzung von Kliniken und Praxen in NRW

Mittwoch, 23. November 2016

Düsseldorf/Münster – In Nordrhein-Westfalen erhält die Zusammenarbeit von Kranken­häu­sern und Ärztenetzen bei der Versorgung von Patienten mit Infektionen einen kräfti­gen Finanzschub: Der Aufbau eines neuen telemedizinischen Netzwerks zwischen 19 Kran­kenhäusern, darunter die Universitätskliniken Aachen und Münster, und 130 Arzt­praxen wird mit 20 Millionen Euro über drei Jahre gefördert.

Das Geld kommt aus dem Innovationsfonds des Bundes, der zur Hälfte von den gesetz­li­chen Krankenkassen und zur Hälfte aus Mitteln des Gesundheitsfonds finanziert wird, wie NRW-Gesundheitsmi­nis­terin Barbara Steffens anlässlich der Vorstellung des Projekts TELnet@NRW mitteilte. „Vor dem Hintergrund, dass die Menschen immer älter und die Ressourcen in der Me­di­zin knapper werden, können wir Patientinnen und Patienten nur gut versorgen, wenn wir die Versorgung durch telemedizinische Strategien unterstützen und ergänzen“, erklärte Steffens. Dabei gehe es auch um die Frage, wie man das Wissen aus den Leistungszentren der Medizin in die Peripherie bringen könne, um auch Patienten in ländlichen Regionen bestmöglich zu versorgen.

Ein Projekt, dass diese Frage bereits aufgegriffen hat, ist „Telematik in der Intensiv­medi­zin“ (TIM). Dabei arbeitet das Universitätsklinikum Aachen mit anderen Krankenhäusern via Telemedizin zusammen, um Patienten zu versorgen, die an einer Sepsis leiden. „Elf Prozent der über zwei Millionen Menschen, die jährlich auf Intensivstationen in Deutsch­land behandelt werden, entwickeln eine Sepsis“, betonte Gernot Marx. „Sie ist schwer zu diagnostizieren und wird daher oft zu spät erkannt. Die Sterblichkeit liegt dement­spre­che­nd bei rund 40 Prozent“, so der Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin am Uniklinikum Aachen weiter. Inzwischen sind rund 500 Patienten mit Hilfe von TIM behan­delt worden – mit Erfolg: Die Sterblichkeit konnte um mehr als 25 Prozent gesenkt wer­den. „Das ist bislang durch kein Antibiotikum gelungen“, betonte Marx.

„Jetzt kommt die nächste Phase des Projekts. Und da war der Innovationsfonds ein Se­gen für uns“, betonte Gesundheitsministerin Steffens fort. Aufbauend auf TIM soll TELnet@NRW in den kommenden drei Jahren die Versorgung von rund 50.000 Patien­ten verbessern, indem Antibiotika bei Infektionen zielgerichtet eingesetzt werden, um die Zunahmen von Resistenzen zu verhindern. Im Projekt diskutieren Ärzte verschiedener Krankenhäuser und Arztpra­xen per Videokonferenz gemeinsam, welche Therapie für den jeweiligen Patienten die beste ist. Auf diese Weise können beispielsweise kleinere Kran­kenhäuser vom Spezialwissen großer Kliniken profitieren.

„Es gibt bundesweit rund 300 Infektions-Experten“ erläuterte Marx. „Damit ist klar, dass nicht jedes Krankenhaus diese Expertise vorhalten kann. Und das wollen wir mit TELnet@NRW auffangen.“ In der Praxis werde das so aussehen, dass mobile Einheiten aus Computern, Bildschirmen und Kameras bis an das Krankenbett oder die Behand­lungsliege in der Arztpraxis gefahren werden. Über diese Einheiten können auch Rönt­gen­bilder und andere Befunde und Informationen des Patienten ausgetauscht werden.

Verbunden sein werden sie über hochgesicherte Datenleitungen mit den Telemedizin-Zentren der Unikliniken Aachen und Münster. Dort sollen rund um die Uhr an sieben Ta­gen in der Woche Ärzte Dienst haben. Per Videokonferenz beraten die Mediziner dann untereinander und mit dem Patienten über Diagnostik und Therapie. „Es ist also alles da wie sonst auch in der Klinik. Man kann den Patienten nur nicht anfassen“, so Marx.

„Besonders profitieren sollen Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden, sowie Patienten mit schweren Infektionen. Ziel ist, dass jeder Patient – unabhängig vom Ort der Behandlung – vom Expertenwissen der Spezialisten profitieren kann“, sagte auch Björn Ellger, Leiter der operativen Intensivmedizin der Klinik für Anästhesiologie am Uni­versitätsklinikum Münster (UKM). „Im optimalen Fall kann die Behandlung im heimat­nah­en Krankenhaus mit Unterstützung der Spezialisten aus dem Universitäts­klinikum fortge­setzt werden. Gleichzeitig kann durch die telemedizinische Visite die Notwendigkeit der Verlegung schneller als bisher erkannt werden“, ergänzte Christian Juhra, Leiter der Stabstelle Telemedizin am UKM.

Neben den Unikliniken Aachen und Münster nehmen an TELnet@NRW zunächst 17 wei­tere Krankenhäuser teil sowie 77 Ärzte des Gesundheitsnetzes Köln-Süd und 55 Ärzte des Netzes „Medizin und mehr“ im ostwestfälischen Bünde.

„Die Universität Bielefeld wird das Projekt wissenschaftlich begleiten und evaluieren“, sag­te Günter van Aalst. „Ist es erfolgreich, hat es große Chancen, flächendeckend aus­gerollt zu werden und in die Regelversorgung überzugehen“, so der Leiter der Landes­ver­tretung NRW der Techniker Krankenkasse und Vorstandsmitglied der Deutschen Ge­sellschaft für Telemedizin. Denn die Technikplattform kann modular erweitert und von an­deren Fachgebieten und Anwendern genetzt werden. Daher wird TELnet@NRW von allen gesetzlichen Krankenkassen ebenso unterstützt wie von den beiden Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe und von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen.

Der Innovationsfonds stellt von 2016 bis 2019 pro Jahr 300 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung, die die Versorgung verbessern sollen. 225 Millionen Euro fließen in Ver­sorgungsprojekte, 75 Millionen Euro – also ein Viertel – in die Versorgungsforschung. © ts/hil/aerzteblatt.de

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