Politik
G-BA beschließt Pulsoxymetrie-Screening für Neugeborene
Freitag, 25. November 2016
Berlin – Kritische angeborene Herzfehler bei Neugeborenen sollen künftig besser entdeckt und damit frühzeitiger behandelt werden können. Mit einem entsprechenden Beschluss ergänzte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gestern die Kinderuntersuchung U1/U2 um die Pulsoxymetrie.
Mit dieser Methode können bestimmte Herzfehler erkannt werden, die bei Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaftsvorsorge oder nach der Geburt bislang nicht entdeckt werden konnten. Diese sogenannten kritischen angeborenen Herzfehler sind Fehlbildungen am Herzen und seinen Gefäßen. Diese können den Blutkreislauf so stark behindern, dass das Kind ohne Behandlung kaum eine Überlebenschance hat. Durch das Screening soll ein unverzüglicher Behandlungsbeginn ermöglicht werden.
„Mit dem Pulsoxymetrie-Screening können wir bei der Untersuchung von Neugeborenen eine diagnostische Lücke schließen“, erklärte Harald Deisler, unparteiisches Mitglied im G-BA. Bei ungefähr drei von 10.000 Babys liegt laut G-BA ein kritischer angeborener Herzfehler vor, den man beim Vorsorgeultraschall und bei den klinischen Routineuntersuchungen nach der Geburt zunächst nicht erkennen kann. „Den betroffenen Neugeborenen kann nun besser geholfen werden. Man kann ihren Zustand früher stabilisieren und sie umgehend behandeln“, so Deisler.
Die Pulsoxymetrie misst mit Hilfe eines Lichtsensors den Sauerstoffgehalt im Blut des Neugeborenen. Zu wenig Sauerstoff kann auf einen kritischen angeborenen Herzfehler hinweisen. Für die Untersuchung ist keine Blutabnahme nötig. Sie ist laut G-BA schmerzfrei und dauert nur wenige Sekunden. Am Fuß des Babys wird dabei ein Sensor angelegt, der mit einem Bildschirm verbunden ist. Dieser zeigt das Ergebnis sofort an.
Der beste Zeitpunkt für diese Früherkennungsuntersuchung liegt nach der 24. und bis zur 48. Lebensstunde. Bei ambulanten Geburten im Krankenhaus kann die Pulsoxymetrie vorgezogen werden – frühestens vier Stunden nach der Geburt soll diese vorgenommen werden. Bei Hausgeburten kann sie spätestens im Rahmen der U2 erfolgen.
Die Ergebnisse der Pulsoxymetrie sowie gegebenenfalls die Erkenntnisse der weiterführenden Abklärungsdiagnostik werden im Gelben Kinderuntersuchungsheft dokumentiert. Bestandteil der ärztlichen Aufklärung der Eltern vor der Untersuchung ist eine schriftliche Elterninformation mit Erläuterungen zum Screening.
Der jetzt getroffene Beschluss des G-BA enthält Vorgaben zur Durchführungsverantwortung, Qualifikation der Ärzte und zur apparativen Ausstattung der durchführenden Einrichtung. Er wird dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt und tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Der Beschluss zur Einführung des Pulsoxymetrie-Screenings ergänzt die bestehende Kinderrichtlinie des G-BA. Darin wird der Inhalt der Früherkennungsuntersuchungen (U1 bis U9 sowie weiterer spezifischer Untersuchungen) festgelegt.
Die Patientenvertretung zeigt sich erfreut über den Beschluss. „Herzfehler werden oft vor und auch nach der Geburt lange übersehen“, sagte Hermine Nock, Patientenvertreterin im G-BA und Geschäftsführerin des Bundesverbands Herzkranke Kinder. Mit der Pulsoxymetrie werde ein Verfahren zur Routine, das jedes Jahr viele Kinderleben retten könne. „Das ist ein riesiger Fortschritt für alle Kinder mit angeborenen Herzfehlern und ihre Familien.“ © EB/may/aerzteblatt.de

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