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Medizin

AML: Decitabin erzielt Remission bei TP53-Mutationen

Freitag, 25. November 2016

dpa

St. Louis – Ein Zytostatikum, das aufgrund seiner schwachen Wirkung bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) nur zu palliativen Zwecken eingesetzt wird, hat in einer Studie bei Patienten mit ungünstigen genetischen Merkmalen eine überraschend gute Wirkung erzielt. Die Publikation im New England Journal of Medicine (2016; 375: 2023-2036) wirft die Frage auf, ob die Effektivität von Decitabin unterschätzt wurde.

Die AML ist die häufigste Leukämie bei Erwachsenen. Unbehandelt führt sie innerhalb weniger Wochen zum Tode. Bei jüngeren Patienten wird heute eine Heilung angestrebt. Diese ist durch eine allogene Stammzelltransplantation möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass es vorher gelingt, mit einer Chemotherapie möglichst viele Leukämie­zellen abzutöten. Außerdem muss der Patient über einen guten Allgemeinzustand verfügen, da er sonst die Strapazen der Stammzelltransplantation nicht überleben würde.

Patienten, die zu alt und oder zu schwach für einen Heilungsversuch sind, werden palliativ mit Zytostatika behandelt, die gut verträglich sind und vorübergehend die Zahl der Leukämiezellen senken können. Zu diesen Medikamenten gehört Decitabin, das vor einigen Jahren eingeführt wurde. An der Washington University School of Medicine in St. Louis und zwei weiteren Kliniken wurden in einer klinischen Studie 116 Patienten mit AML oder der Vorstufe myelodysplastisches Syndrom behandelt.

Da sie zu alt (Durchschnittsalter 74 Jahre) und zu schwach (ECOG 2 oder schlechter) für eine kombinierte Chemotherapie waren, erhielten sie eine Monotherapie mit Decitabin. Eine genetische Untersuchung der Tumorzellen sollte klären, welchen Einfluss verschiedene Mutationen auf das Ansprechen der Therapie haben. 

53 der 116 Patienten sprachen auf die Therapie an, wobei für eine Remission „nur“ ein Rückgang der Blasten im Knochenmark auf unter 5 Prozent der dort vorhandenen Zellen gefordert wurde. Das Ziel der Therapie ist primär eine Verbesserung der Knochenmarkleistung.

Zur Überraschung des Teams um Timothy Ley waren unter den Patienten, die eine Remission erreichten, alle 21 Patienten, bei denen Mutationen im Gen TP53 gefunden wurden. TP53 steuert die DNA-Reparatur, dessen Ausfall die Aggressivität von Tumoren steigert. Bei der AML zeigt der Nachweis von TP53-Mutationen eine geringe Chance auf eine Remission an. Jüngere Patienten mit TP53-Mutationen erreichen unter einer Kombinationschemotherapie nur zu 20 bis 30 Prozent eine Remission.

Dass Decitabin jetzt – allerdings bei weicheren Kriterien – bei 100 Prozent der Patienten eine Remission erzielte, gibt Ley natürlich zu denken. Sollte es möglich sein, einige Patienten, die sich in einer palliativen Situation befinden, auf eine Stammzelltherapie vorzubereiten? Diese Möglichkeit dürfte meist am Alter und schlechtem Allgemein­zustand der Patienten scheitern.

Eine andere Konsequenz der Studie könnte darin bestehen, Decitabin auch bei jüngeren Patienten einzusetzen. Das Mittel könnte die Zahl der Patienten steigern, die sich für eine Stammzelltherapie qualifizieren. Es könnte aber auch nach der Stammzelltherapie helfen, einen Rückfall zu verhindern, wie Elihu Estey vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle anregt. Klären ließe sich dies nur in randomisierten Vergleichsstudien. 

Offene Fragen bestehen auch zum Einsatz von Decitabin in der palliativen Indikation bei älteren Patienten. Eine hohe Remissionsrate ist nämlich kein Garant für eine Verlängerung der Überlebenszeiten. Da in der aktuellen Studie alle Patienten mit Decitabin behandelt wurden, ist nicht sicher, ob sich die Überlebenszeiten verbessern lassen. In der Studie lebten Patienten mit TP53-Mutation 12,7 Monate und ohne TP53-Mutation 15,4 Monate. © rme/aerzteblatt.de

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