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Politik

Marburger Bund warnt vor Aufweichung des Arbeitsschutzes

Dienstag, 29. November 2016

/dpa

Berlin – Vor „Experimenten mit dem Arbeitsschutz“ hat der Marburger Bund (MB) heute in Berlin gewarnt. „Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt darf nicht der Anlass sein, grundlegende Schutzstandards aufzuweichen“, sagte dessen erster Vorsitzender Ru­dolf Henke. Anlass ist das neue „Weißbuch Arbeiten 4.0“ von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat es heu­­te als Bilanz des Dia­log­prozesses „Arbeiten 4.0“ auf einer Konferenz vorgestellt.

„Das Problem an den bestehenden Regelungen ist nicht der Mangel an Flexibilität für die Arbeitgeber, sondern die zunehmende Anzahl von Überstunden und Überschreitun­gen von Höchstarbeitszeitgrenzen aufgrund der engen Personaldecke. Die Ausnahme von der Regel ist für viele Ärzte und andere Beschäftigte im Gesundheitswesen längst zur Regel geworden. Auf noch mehr Ausnahmen und Experimente zulasten des Arbeits­schutzes können wir getrost verzichten“, sagte Henke.

„Der Dialog Arbeiten 4.0 hat deutlich gemacht, dass unser Modell der Sozialpartner­schaft die beste Basis ist, um gute Arbeit auch in Zukunft sicherzustellen und zu fördern“, sagte Nahles heute vor rund 800 Vertretern der Sozialpartner, Verbände, Unternehmen, Wissenschaft und Politik. Ziel des Strategievorhabens „Arbeit 4.0“ sei ein fair ausgehan­delter Kompromiss zwischen den Erfordernissen der Arbeitgeber nach mehr Flexibilität und den Bedürfnissen der Arbeitnehmer.

„Konkret schlage ich mehr Wahlarbeitszeitoptionen und eine innovative Arbeitszeitge­staltung vor, die persönliche Zeitbedarfe neben der Erwerbsarbeit anerkennt“, sagte Nahles. Es solle erprobt werden, „ob mehr Flexibilität und Schutz vor Überlastung zu­sammengehen“, so die Ministerin. Nötig seien außerdem eine Weiterbildungsoffensive und ein Recht auf Weiterbildung, um die Digitalisierung als Chance zu nutzen.

Das BMAS hat während des Dialogprozesses seit dem Frühjahr 2015 Verbände, Ge­werkschaften und Unternehmen um Stellungnahmen gebeten, Fachworkshops, Kon­fe­renzen und Themenveranstaltungen durchgeführt, mehr als 20 wissenschaftliche Stu­dien in Auftrag gegeben und im direkten Dialog vor Ort mit Bürgern Meinungsbilder ein­geholt. Die übergeordnete Frage lautete laut einer Information auf der Internetseite des BMAS: „Wie können wir technische Innovationen auch für sozialen Fortschritt nutzen und ‚Gute Arbeit‘ im digitalen und gesellschaftlichen Wandel erhalten oder sogar stärken?“

Scharfe Kritik an Nahles Plänen übte die Fraktion „Die Linke“ im Deutschen Bundestag. „Immer mehr Menschen werden durch überlange Arbeitszeiten und Dauerstress am Ar­beitsplatz krank. Und Ministerin Nahles will den Acht-Stunden-Tag in einem Feldversuch abschaffen“, sagte Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion. Die Idee, Menschen durch flexible Arbeitszeiten vor Überlastung schützen zu wollen, sei „absurd“. „Statt flexiblerer Arbeitszeiten brauchen wir eine Verkürzung der realen Wochenhöchst­arbeitszeit“, erklärte Ernst.

Soweit geht der MB in seiner Kritik nicht, aber auch der Ärzteverband wehrt sich gegen weitere Flexibilisierungen, die letztlich auf dem Rücken der Ärzte erfolgen würden. Die be­stehenden Öffnungsklauseln im Arbeitszeitgesetz seien ausreichend flexibel, um bei­spielsweise den 24-Stunden-Dienst eines Krankenhauses aufrechtzuerhalten, sagte Hen­ke. „Deshalb muss auch bei allen zukünftigen gesetzlichen wie tarifvertraglichen Re­gelungen in erster Linie der Gesundheitsschutz der Beschäftigten im Vordergrund stehen“, forderte der MB-Vorsitzende. © hil/aerzteblatt.de

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