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Politik

Krebsbericht: Mehr Erkrankte, längeres Überleben

Dienstag, 29. November 2016

/dpa

Berlin – Auf den ersten Blick erscheint es paradox: In Deutschland sterben heute mehr Menschen an Krebs als vor drei Jahrzehnten – zugleich leben aber an Krebs Erkrankte länger. Der Grund für diese nur vermeintlich gegenläufige Entwicklung ist die älter wer­dende Gesellschaft in Deutschland, verbunden mit der Tatsache, dass bei vielen Krebs­arten das Erkrankungsrisiko mit dem Alter steigt.

Krebspatienten leben heute deutlich länger
„Dank unserer guten Gesundheitsversorgung leben Menschen nach einer Krebsdiag­no­se heute deutlich länger als vor zehn Jahren. Trotzdem ist Krebs in Deutschland nach wie vor die zweithäufigste Todesursache“, erläuterte Bundesgesundheitsminister Her­mann Gröhe (CDU) heute bei der Vorstellung des ersten Berichts zum „Krebs­geschehen in Deutschland“ des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin.

Dem 266-seitigen Bericht zufolge hat sich die Zahl der Krebs-Neuerkrankungen in Deut­schland seit 1970 fast verdoppelt, und zwar auf 482.500 Menschen im Jahr 2013. Auch die absolute Zahl der Todesfälle durch Krebs hat sich erhöht: Gab es 1980 rund 193.000 Todesfälle, starben 2014 etwa 224.000 Menschen an Krebs in Deutschland. Aber auch die Zahl derer, die mit einer Krebserkrankung leben oder von ihr geheilt sind, steigt. In Deutschland leben derzeit rund vier Millionen Menschen, die in ihrem Leben schon ein­mal an Krebs erkrankt sind. Menschen, die an Krebs sterben, erreichen zudem heute im Schnitt ein Lebensalter von 74 Jahren und leben damit vier Jahre länger als 1980.

Für Gröhe spiegeln die Daten einen großen Erfolg wider: „Mit dem Nationalen Krebsplan arbeiten wir daran, die Krebsfrüherkennung weiterzuentwickeln und die medizinische Ver­sorgung weiter zu verbessern“, sagte er. Der „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutsch­land“ zeige, dass Bemühungen schon greifen würden und welche Heraus­forderungen sich noch in Zukunft stellten.

Prävention wirkt
Als besonders positiv betrachtet Lothar Wieler, Präsident des RKI, dass in den letzten Jahren die vom Alter unabhängige Erkrankungsrate insgesamt erstmals leicht zurück­ge­gangen ist. „Zum Beispiel leiden weniger Männer an Lungenkrebs, da die Raucher­zahlen bei Männern schon seit Langem zurückgehen“, berichtete er. Dies zeige, dass Präven­ti­on wirke. Die geringeren Raucherquoten bei Frauen und Jugendlichen würden sich in­des noch nicht in der Krebsstatistik niederschlagen. Bei Frauen stiegen die Lungen­krebs­ra­ten derzeit noch an.

Der Bericht betrachtet die einzelnen Krebserkrankungen dezidiert: Neben dem Lungen­krebs bei Männern sind vor allem die Krebserkrankungen des Magens und des Darms rückläufig. Langfristig gibt es bei den Frauen auch einen starken Rückgang beim Ge­bär­mutterhalskrebs. Dagegen steigen dem Bericht zufolge die Erkrankungsraten beim Pan­kreaskarzinom und bei bösartigen Lebertumoren an. Da sich die Behandlungser­gebnis­se bei diesen Krebsarten in den vergangenen Jahrzehnten nicht entscheidend ver­bes­sert hätten, führten sie noch häufig zum Tode, erklärte Wieler.

Gesunder Lebensstil wichtig
„Neben einer guten Behandlung setzen wir deshalb insbesondere auf Prävention“, sagte Gröhe. Mindestens 30 Prozent aller Krebserkrankungen ließen sich durch einen gesun­den Lebensstil vermeiden. Risikofaktoren, die im Bericht genannt werden, seien unter an­derem Alkohol und Tabak, Übergewicht und Bewegungsmangel sowie UV-Strahlung.

Der Bericht beleuchtet gleichzeitig die gesetzlich verankerten Krebsfrüherkennungs­maß­nahmen: So deuten die Daten der epidemiologischen Krebsregistrierung darauf hin, dass das zwischen 2005 und 2009 eingeführte, qualitätsgesicherte Mammographie-Scree­ning-Programm zu einem Rückgang fortgeschrittener Brustkrebserkrankungen führt. Insbesondere die Rate der entdeckten fortgeschrittenen Tumore bei älteren Frau­en ist heute niedriger als noch vor einigen Jahren.

Darüber hinaus ermöglichten die Früherkennungsuntersuchungen auf Gebärmutterhals- und Darmkrebs die Erkennung und Behandlung von Krebsvorstufen und würden so zum Rückgang der Neuerkrankungsraten dieser beiden Erkrankungen beitragen, heißt es in der Analyse.

„Um dieses Potenzial weiter auszuschöpfen, wurde der Gemeinsame Bun­des­ausschuss (G-BA) mit dem Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz beauftragt, diese Screening-Programme gemäß den europäischen Leitlinien in organisierte Pro­gramme mit einem persönlichen Einladungswesen zu überführen“, erläuterte Gröhe. Derzeit arbeite der G-BA noch an der fachlichen Ausgestaltung der Konzepte.

Krebsregister: Deutschland in der Vorreiterrolle
Grund­lage des Berichts sind die Daten aus den epidemiologischen Krebsregistern der Bundesländer, die am RKI seit 2009 zusammenlaufen und ausgewertet werden. Er soll künftig alle fünf Jahre erscheinen. Darauf, dass die epidemiologische Krebsregistrierung in Deutschland in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat, wies der Epi­de­­miologe Andreas Stang hin.

Das Bundeskrebsregistergesetz von 1995 bis 1999 habe alle Bundesländer verpflichtet, epidemiologische Krebsregister einzurichten. „2006 wurde dann in allen Bundesländern eine flächendeckende epidemiologische Krebs­registrierung gesetzlich verankert und mit dem Bundeskrebsregisterdatengesetz im Jahr 2009 unter­mauert“, erläuterte er. Deutsch­land habe hiermit eine internationale Vorreiter­rolle inne.

Große Hoffnungen in Bezug auf eine weitere Verbesserung der Datenlage setzt Stang ab 2017 in die klinischen Krebsregister, die flächendeckend etabliert werden sollen. In die­sen werden die Daten primär klinikbezogen erfasst und ausgewertet, sodass ein Ver­gleich zwischen den Regionen und Behandlungseinrichtungen möglich wird. © ER/aerzteblatt.de

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