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Ärzteschaft

KBV sieht gravierende Fehler bei Berechnungen der DKG

Freitag, 2. Dezember 2016

Berlin – Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht die Finanzierungsdefizite in der ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus deutlich geringer, als es Studien der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zuvor gezeigt hatten. Im Vorfeld der Ver­hand­lungen zur Vergütungsstruktur im ambulanten Notfalldienst in der kommenden Wo­che hat die KBV ein dementsprechendes Gutachten vorgestellt.

Demnach ergebe sich für den ambulanten Notfall, der in einem Krankenhaus behandelt wird, bereits eine Finanzierung zwischen 70,60 Euro und 93 Euro. Die DKG berechnete eine benötigte Finanzierung von 120 Euro. Für einen ambulanten Notfall erhalten Klini­ken wie niedergelassene Ärzte nach EBM derzeit 32 Euro. Daraus errechnete die DKG ein generelles Defizit von einer Milliarde Euro bei der Notfallversorgung.

Die Zahlen der KBV gehen zurück auf ein Gutachten, dass das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) gemeinsam mit Gesundheitsökonom Günter Neubauer aus München erstellt hat. Die Zahlen der DKG stammen aus einem Gutachten, das ge­meinsam mit der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) im Frühjahr 2015 errechnet wurde.

Der Vorsitzende des ZI, Dominik von Stillfried, bezeichnete die Datenanalyse der DKG als eine Studie mit „fragwürdiger Datenbasis, löchriger Kostenkalkulation und falschen Schluss­folgerungen“. „Das Papier weist erhebliche Mängel auf, dass es keine Grundlage für eine sachgerechte Diskussion über Vergütungsleistungen sein kann“, erklärte Neu­bau­er. „Hier wurden 55 Klinken ausgewählt, die freiwillig geantwortet haben. Das ist keine Stichprobe, wie angegeben, das ist eine Befragung.“ Seiner langjährigen Erfahrung nach antworten vor allem Kliniken, die wirtschaftlich weniger erfolgreich sind, bei diesen Befra­gungen. Daher geht er aus wissenschaftlicher Sicht hier von Verzerrungseffekten aus.

In seiner Analyse betonte der Gesundheitsökonom, dass für die Krankenhäuser, die an der Not­fallversorgung teilnehmen, be­reits zwischen 33,60 Euro und 51 Euro in den diag­no­se­be­zo­genen Fallgruppen (DRG) eingerech­net sind. Außer­dem gebe es ei­nen expli­ziten Zu­schlag auf die DRG-Fallpauschalen zwischen fünf und zehn Euro für ambulante Notfälle. Rechne man nun die 32 Euro hinzu, die von den Kassenärztlichen Vereini­gun­gen (laut EBM) für die ambulante Notfall­versor­gung gezahlt werden, errei­che man ins­gesamt einen Wert zwischen 70,60 Euro und 93 Euro. 

„Nach unseren Be­rech­nungen sind die DKG-For­derungen von einem Defizit von einer Milliarde Euro nicht haltbar. Wir gehen von einem Kostenbedarf von 600 bis 791 Millio­nen Euro aus.“ Grund­la­ge für Neubauers Rechnung ist die Zahl von 8,5 Millionen ambu­lanten Patienten in der Notfallaufnahme.

Für Neubauer ist es klar, dass Krankenhäuser die Notfallaufnahmen für ihr wirtschaft­li­ches Ergebnis dringend brauchen. „Das Krankenhaus, das die Notfallversorgung schließt, ist bald selbst geschlossen.“ Laut einer Studie, die bei ihm am Institut für Ge­sund­heitsökonomik derzeit bearbeitet wird, wird bei Geschäftsführern von Kliniken als größtes Risiko angesehen, dass die Notfallaufnahme nicht mehr vorhanden ist. Außer­dem würden Kliniken mit einer Notfallversorgung unabhängiger von den niedergelasse­nen Ärzten als Zuweiser. Ebenso äußerte der Gesundheitsökonom den Verdacht, dass viele Krankenhäuser die Notfallversorgung auch als Instrument des Direktmarketings nutzten.

Mit Blick auf die Verhandlungen im Erweiterten Bewertungsausschuss am kommenden Mittwoch sieht die KBV, dass die Zahlen der Studie eine klare Sprache sprechen. „Nur weil einige Kliniken unwirtschaftlich arbeiten, müssen sie nicht noch mehr verlangen,“ er­klärte Gassen. „Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Nun liegt der Ball im Feld der DKG.“

Die KBV setze sich dafür ein, dass Patienten im Krankenhaus bereits begut­achtet wer­den und dann über eine Weiterbehandlung in der Klinik oder Praxis entschie­den wird. „Die erste Begutachtung des ankommenden Patienten kann sowohl durch einen nieder­gelassenen Arzt als auch einen stationär tätigen Kollegen erfolgen“, sagte Gassen.

Allerdings sei es nicht sinnvoll, nun an jeder Klinik eine Portalpraxis einzu­richten. Hier müsse es – auch unter den politischen Vorgaben – demnächst einen Konsens geben. Auch Neubauer appellierte an die Politik: „Alle Kliniken haben Leerkapazitäten, die stei­gende Zahl der ambulanten Notfälle zeigt, dass hier Potenzial zum Füllen der Betten vor­handen ist. Das derzeitige Verhalten der Kliniken konterkariert aber die politischen Be­müh­ungen, Betten abzubauen.“ KBV-Chef Gassen kündigte zusätzlich an, im kommenden Jahr die ambulante Notfall­nummer 116 117 im Rahmen der KBV-Kampagne intensiver zu bewerben.

Die DKG hält hingegen an ihren eigenen Berechnungen fest. Aus Sicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zeuge die Einschätzung der KBV davon, dass in den Fallpauschalen für die stationären Leistungen Vergütungsanteile für ambulante Notfälle eingerechnet seien, „von Unkenntnis“. Eine solche Verknüpfung wäre rechtlich unzu­lässig, schreibt die DKG. © bee/aerzteblatt.de

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