Ausland
Starker Anstieg von Suizidbeihilfe in der Schweiz
Montag, 5. Dezember 2016
Zürich – Die Zahl der Fälle von Beihilfe zur Selbsttötung in der Schweiz ist einem Zeitungsbericht zufolge angestiegen. 2015 hätten 999 Menschen mit Schweizer Wohnsitz einen begleiteten Suizid begangen, berichtet NZZ am Sonntag unter Berufung auf Angaben der drei großen Sterbehilfeorganisationen. Im Vergleich zu 2014 entspreche das einer Zunahme von 35 Prozent; im Vergleich zu 2008 sei es sogar fast eine Vervierfachung. Schweizer Medien sprachen von einer „neuen Normalität“.
Möglicherweise sei dies erst der Anfang einer Entwicklung, wird Georg Bosshard zitiert, Leitender Arzt an der Klinik für Geriatrie des Universitätskrankenhauses Zürich. Bosshard zog einen Vergleich mit dem belgischen Flandern. Dort scheide schon heute jeder zwanzigste mittels Sterbehilfe aus dem Leben. Die Zahlen in der Schweiz könnten binnen zehn Jahren in einem ähnlichen Bereich liegen, schätzt er.
Sterbehilfe werde in der Schweiz mittlerweile toleriert, berichtet die NZZ; es werde offen darüber gesprochen. Assistierter Suizid dürfte daher bald ähnlich akzeptiert sein wie Abtreibung. Dies sei ein Wertewandel in der Gesellschaft.
Die Kirche verurteilt assistierten Suizid nach wie vor scharf. Allerdings wird selbst innerhalb der Kirche teils kontrovers diskutiert. Der katholische Theologe Hans Küng, der selbst an Parkinson leidet, hatte zuletzt angekündigt, eine Sterbehilfeorganisation in der Schweiz in Anspruch zu nehmen, wenn es sein Zustand erfordere. Die Ärzteschaft in Deutschland lehnt den assistierten Suizid ab. Aber nicht alle Mediziner sind dieser Ansicht. Gespalten ist auch die Politik. Der Bundestag hatte in Deutschland lange über das Thema debattiert und im vergangenen Jahr jede Form organisierter Suizidbeihilfe etwa durch Sterbehilfevereine untersagt. Das Gesetz wird derzeit allerdings vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten.
In der Schweiz ist es legal, anderen Menschen Mittel zum Suizid zur Verfügung zu stellen und sie zu begleiten, sofern der Helfer nicht persönlich vom Tod des Patienten profitiert. Sterbehilfeorganisationen wie Dignitas und Exit bieten Beihilfe zur Selbsttötung an. 2011 entschied der Bundesrat, die Schweizer Regierung, auf eine gesetzliche Regelung organisierter Suizidhilfe zu verzichten. Zuletzt wird immer wieder der Ruf laut, auf den Anstieg von Sterbehilfefällen und die zunehmende Begründung mit Lebensmüdigkeit als Motiv zu reagieren. Der Gesetzgeber dürfe sich nicht vor seiner Verantwortung drücken. © kna/aerzteblatt.de

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