Politik
Prefere: Vorzeitiges Aus für Großstudie zu Prostatakrebs
Montag, 5. Dezember 2016
Berlin – Es sollte die Vorzeigestudie zum lokal begrenzten Prostatakrebs in Deutschland werden, doch die Teilnehmerzahlen waren und blieben bis zum Schluss gering. Nun ist vorzeitig Schluss. Die Großstudie, die vor dreieinhalb Jahren startete, wird mangels Probanden zum Jahresende eingestellt. Die Studie laufe zum Jahresende vorzeitig aus, teilten die Deutsche Krebshilfe, der GKV-Spitzenverband sowie der Verband der privaten Krankenversicherung heute mit. Die Förderung werde beendet.
In die bis ursprünglich 2030 geplante Langzeituntersuchung waren zu Beginn große Erwartungen gesetzt worden. Damit sollten erstmals die vier gängigen Therapien bei Prostatakrebs verglichen und bewertet werden. Ziel sollte es sein, am Ende für die Betroffenen die individuell beste Therapie zu finden. Für die Studie waren 25 Millionen Euro eingeplant.
An der Untersuchung sollten 7.600 Patienten teilnehmen – seit Anfang 2013 haben sich aber nur 343 Patienten gemeldet. Das Studienprojekt habe „die Erwartungen zur Durchführbarkeit, insbesondere der Rekrutierungsrate“ nicht erfüllt, erklärten die Krebshilfe und die Krankenkassen. Damit bleibe weiter unklar, von welcher der vier Möglichkeiten – Radikaloperation, perkutane Strahlentherapie, Brachytherapie oder aktive Überwachung – Patienten mit einem Prostatakarzinom im frühen Stadium am meisten profitierten. Die Patienten, die sich bisher für eine Teilnahme an der Studie entschieden haben, sollen auch nach dem Aus weiterhin langfristig betreut werden.
Wie die Initiatoren betonen, sei ein Viertel der niedergelassenen Urologen offenbar nicht bereit gewesen, an der sogenannten Prefere-Studie mitzuwirken. Den Patienten habe anscheinend nicht ausreichend vermittelt werden können, „dass die Frage der besten Therapie wissenschaftlich unbeantwortet ist“, kritisierte Jürgen Fritze vom Verband der Privaten Krankenversicherung. Nach Ansicht der Studienförderer bleibe damit eine große Chance ungenutzt, „im Interesse der zahlreichen Patienten eine derart wichtige klinische Fragestellung zu klären“.
Bereits Anfang November hatten Wissenschaftler und Ärzte hingegen den sofortigen Abbruch der Studie gefordert. Die Stiftung Männergesundheit verwies auf „eklatante Fehler in Planung und Durchführung“. Die Experten werteten es als Fallstrick, dass Patienten per Zufall eine Behandlung zugelost werden sollte. Die Bandbreite dabei lag zwischen reiner Überwachung und radikaler OP.
Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) und der Berufsverband der Deutschen Urologen (BDU) haben mit Bedauern auf das Ende der Studie reagiert. Man müsse konstatieren, „dass es trotz größter Anstrengungen aller Beteiligten nicht gelungen ist, die Therapiekonzepte beim lokal begrenzten Prostatakarzinom mithilfe der Prefere-Studie zu untersuchen“, sagte DGU-Generalsekretär Maurice Stephan Michel.
BDU-Präsident Axel Schroeder, betonte, DGU und BDU hätten die 2013 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beauftragte Studie unterstützt, um die Fragen der Wirksamkeit der Behandlungsstrategien, der Nebenwirkungen sowie der Auswirkungen auf die Lebensqualität auf höchstem Studienniveau zu prüfen und Prostatakrebspatienten in Zukunft mehr Entscheidungssicherheit bei der Wahl der Therapie zu ermöglichen.
aerzteblatt.de
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Dafür sollten die vier in der S3-Leitlinie zur Behandlung des lokal begrenzten Prostatakarzinoms mit niedrigem und frühem intermediären Risiko empfohlenen Strategien in der Studie erstmals prospektiv randomisiert verglichen werden. Das heißt, die Studienteilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip einer der vier Behandlungsmöglichkeiten zugeordnet: der vollständigen operativen Entfernung der Prostata, der Strahlentherapie von außen, der Bestrahlung durch dauerhaft in der Prostata platzierte Strahlenquellen oder der Active Surveillance, bei der die Behandlung erst beim Fortschreiten der Erkrankung einsetzt. BDU und DGU wiesen darauf hin, dass die Teilnehmer eine oder maximal zwei der vier Behandlungsoptionen für sich hätten ausschließen können.
DGU und BDU plädierten nun nach dem Scheitern der Studie dafür, den Ansatz der Prefere-Studie mit anderen wissenschaftlichen Methoden weiter zu verfolgen. So könnten gegebenenfalls die aufgrund individueller ärztlicher Beratung und selbstbestimmter Patientenentscheidung gewählten Therapien unter angepassten Studienbedingungen hinsichtlich Erfolg, Belastungen und Lebensqualität dokumentiert und evaluiert werden. Michel und Schroeder betonten, dass beide Verbände die Klärung dieser Fragestellung für wichtig erachten und zur Beratung, Detaillierung und Begleitung eines solchen veränderten Konzeptes aktiv zur Verfügung stünden.
Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern in Deutschland. Hierzulande erkranken nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) jährlich weit mehr als 60.000 Männer an einem bösartigen Tumor der Vorsteherdrüse. Mehr als 12.000 sterben jedes Jahr an einem Prostatakarzinom. © afp/dpa/may/aerzteblatt.de

Worzu dienen solche Großstudien?
Dabei hat die britische ProtecT-Studie Hackethal im Grunde rechtgegeben. Nichts tun ist statistisch ebenso effizient oder ratsam wie alles tun. Wobei nichts tun natürlich heißt, den Patienten in seinem Gesamtbild zu sehen, insbesondere im Kontext mit seinem in aller Regel hohen Alter und die Prostata im Auge zu behalten.
Wenn es überhaupt eine Rechtfertigung gibt, 23 Millionen für eine Studie auszugeben,dann nur noch wegen der Frage, welche der Optionen die meisten und die größten Kollateralschäden verursacht.
Ein Fragebogen mit Fragen nach dem Allgemeinbefinden, der Kontinenz, der Potenz, der gefühlten Sicherheit und der allgemeinen Zufriedenheit wäre vollkommen ausreichend, und weil man dies auch retrospektiv durchführen könnte, wäre das sogar wesentlich preisgünstiger machbar.
Mit PREFERE wäre hingegen zu befürchten gewesen, daß sich am Ende eine Leitlinienempfehlung auf der Basis minimaler Nutzen-Abweichungen ergibt, womöglich sogar unter Mißachtung der garnicht so minimalen Risiken.
Die Geldgeber haben sich zurückgezogen, auch weil sie vielleicht kein Geld geben mochten für eine Studie, an deren Ende stehen könnte, ganz im Sinn Hackethals die Finger wegzulassen von der Prostata. Ob der letzte Satz wirklich ketzerisch ist oder am Ende nicht doch wahr, entscheide jeder für sich selbst.
Dr. Karlheinz Bayer

PREFERE ging am eigentlichen Thema vorbei
Seit Julius Hackethals berühmten Buch >Auf Messers Schneide<, hat sich offenbar nichts geändert. Es gibt immer noch den Streit zwischen denen und jenen, und im Grunde genommen ist jeder daran interessiert, daß nach seiner Methode vorgegangen wird. Dabei gab die britische ProtecT-Studie Hackethals These, besser die Finger von der Proistata zu lassen im Grunde recht. Nichts tun ist statistische wohl ebenso ratsam wie alles.
Es gäbe nur eine wirkliche Rechtfertigung, 23 Millionen für eine Studie auszugeben, aber die könnte durchaus zu einem Aus im Hackethalischen Sinn führen. Im Grunde geht es nur noch darum, welche der Optionen die meisten und die größten Kollateralschäden verursacht.
Ein Fragebogen mit Fragen nach dem Allgemeinbefinden, der Kontinenz, der Potenz, jeweils vorher iund nder gefühlten Sicherheit und der allgemeinen Zufriedenheit wäre vollkommen ausreichend gewesen.
Mit PREFERE wäre hingegen zu befürchten gewesen, daß sich am Ende eine Leitlinienempfehlung auf der Basis minimaler Nutzen-Abweichungen ergibt, womöglich sogar unter Mißachtung der garnicht so minimalen Risiken.
Klar, welche Motive wohl bei den Geldgebern fürs Geldgeben im Raum gestanden haben mögen?
Dr. Karlheinz Bayer

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