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Ausland

UN-Kinderhilfswerk fordert sicheren Zugang zu Kindern

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Die Innenstadt Aleppos am 6. Dezember 2016 /dpa

Berlin – Fast eine halbe Million Kinder in Syrien haben nach Angaben des UN-Kinder­hilfs­­werks Unicef keinen Zugang zu humanitärer Hilfe. Den Kindern in 16 belagerten Städt­en werde seit Monaten jegliche Hilfe verwehrt, erklärte Unicef heute in Berlin. Unicef forderte freien und sicheren Zugang zu allen Kindern in Syrien und appellierte „dringend und zum wiederholten Male“ an alle Konfliktparteien, Kinder zu schützen.

Die schweren Kämpfe in Aleppo und anderen Teilen Syriens hätten in den vergangenen Monaten Kin­der auf allen Seiten des Konflikts „mit großer Härte“ getroffen, erklärte Uni­cef. Tägliche Bombardierungen und Gefechte sowie die immer schlechtere Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten seien für die Kinder eine tägliche Gefahr. Tausende Mädchen und Jungen, die ihr Zuhause verloren hätten, seien zudem schutz­los der Kälte ausgeliefert.

Besonders schlimm ist die Lage im umkämpften Aleppo, wie die Leiterin des Unicef-Büros in Syrien, Hanaa Singer, sagte. „Der pausenlose Beschuss und die Explosionen waren ohrenbetäubend“, berichtete Singer über einen Besuch in der nordsyrischen Großstadt. Die Kinder in Aleppo hätten jedes Mal über sie gelacht, wenn sie vor dem schrecklichen Lärm des Krieges zusammengezuckt sei. Das Lachen der Kinder sei jedoch nur eine „Reaktion auf den vollständigen Verlust von Normalität“.

Auch in anderen Teilen Syriens seien Kinder durch Bombardierungen, Kämpfe, Belage­rungen und die immer schlechtere Versorgung in Lebensgefahr, erklärte Unicef. Fast sechs Millionen Mädchen und Jungen seien mittlerweile auf Hilfe angewiesen. Zu Beginn des sechsten Kriegswinters hätten sie Krankheiten und Kälte nur noch wenig entgegenzusetzen. Viele Familien hätten bereits mehrfach fliehen müssen. Sie seien nun völlig verarmt und könnten sich kaum noch Nahrung, Heizmaterial und warme Kleidung be­schaffen.

Bei 84 teilweise gezielten Angriffen auf Schulen seien in diesem Jahr zudem mindestens 69 Kinder getötet und zahlreiche weitere verletzt worden, erklärte Unicef. Ein Drittel der Schulen in Syrien sei außer Betrieb. Unicef setzt sich dafür ein, dass möglichst viele Kinder trotzdem zur Schule gehen können. Schulen zählten zu den wenigen Orten in Syrien, „in denen wenigstens zeitweise so etwas wie Kindheit möglich ist“.

Die Hilfe für Kinder in Syrien und seinen Nachbarländern ist derzeit der größte humani­täre Einsatz von Unicef. Derzeit sind das Hilfswerk und seine Partnerorganisationen den Angaben zufolge dabei, Winterkleidung und warme Decken an besonders bedürftige Fa­milien zu verteilen. Insgesamt will Unicef in diesem Winter mehr als 700.000 Kinder in Sy­rien vor der Kälte schützen.

Dafür benötigt das Kinderhilfswerk aber weitere Spenden. „Was in Aleppo und anderen Orten Syriens geschieht, sollte kein Kind auf der Welt erleben müssen“, sagte Unicef-Schirmherrin Daniela Schadt. „Es liegt nicht in unserer Hand, die Gewalt in Syrien zu beenden. Aber jeder kann mithelfen, das Leid der Kinder zu lindern.“

Deutschland und fünf weitere Staaten haben die Konfliktparteien in Syrien heute zudem zu einem „sofortigen Waffenstillstand“ in Aleppo aufgerufen. Waffenruhe in der umkämpf­ten Stadt sei „das dringlichste Ziel“ im Syrien-Konflikt, damit die Vereinten Nationen hu­ma­ni­täre Hilfe zu den Menschen in Ost-Aleppo und den Flüchtlingen bringen könnten, erklär­ten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie die Staats- und Regierungschefs Frank­reichs, Großbritanniens, Italiens, Kanadas und der USA heute.

In Aleppo spiele sich „vor unseren Augen“ eine humanitäre Katastrophe ab, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Über 200.000 Zivilisten, darunter zahlreiche Kinder, seien in den Rebellengebieten im Ostteil Aleppos von jeglicher Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medizin abgeschnitten. Sie seien zudem täglichen Bombenangriffen und Artillerie­be­schuss durch die syrischen Regierungstruppen ausgesetzt, die von Russland und dem Iran unterstützt würden.

Bei den Angriffen würden nicht einmal Krankenhäuser und Schulen verschont, kritisier­ten die sechs Staats- und Regierungschefs. Krankenhäuser und Schulen würden „an­scheinend sogar als Ziele ausgewählt in dem Versuch, die Menschen zu vernichten“. Die Bilder sterbender Kinder seien „herzzerreißend“.

Die Staats- und Regierungschefs forderten zudem alle Konfliktparteien in Syrien auf, das humanitäre Völkerrecht einschließlich der Genfer Konventionen einzuhalten. Es dürfe für Täter keine Straffreiheit geben, hieß es mit Blick auf mögliche Kriegsverbrechen. Die sechs Länder forderten die UNO auf, entsprechende Berichte zu untersuchen und Be­weise zu sammeln, „um die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen“.

Merkel und ihre Kollegen kritisierten auch Russland, das derzeit den UN-Sicherheitsrat blockiere. Das höchste UN-Gremium sei deswegen nicht handlungsfähig und könne die Gewalttaten nicht verhindern. Die Weigerung der syrischen Regierung, sich an einem ernsthaften politischen Prozess zu beteiligen, zeige auch die fehlende Bereitschaft Russlands und des Irans, „für eine politische Lösung zu arbeiten“, hieß es.

© afp/aerzteblatt.de

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