Politik
Psychotherapeuten müssen künftig Sprechstunden anbieten
Mittwoch, 7. Dezember 2016
Berlin – Im Rahmen der Strukturreform der ambulanten Psychotherapie müssen Psychotherapeuten ab dem 1. April grundsätzlich eine Sprechstunde anbieten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 24. November eine entsprechende Änderung der Psychotherapie-Richtlinie beschlossen.
Der G-BA setzte damit eine Auflage des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) um, nach dessen Auffassung die neue Sprechstunde ein wesentlicher Teil des Versorgungsauftrags ist und deshalb zu den Pflichten jedes Vertragspsychotherapeuten gehört. Im Beschluss des G-BA vom 16. Juni war die Sprechstunde als freiwilliges Angebot vorgesehen. Das BMG hatte diesen G-BA-Beschluss aber beanstandet.
Das BMG hatte argumentiert, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) nur dann in der Lage seien, ihrem Sicherstellungsauftrag nachkommen zu können, wenn jeder Psychotherapeut die Sprechstunde anbiete. Das BMG hatte deshalb im September die Genehmigung des G-BA-Beschlusses zur Änderung der Psychotherapie-Richtlinie davon abhängig gemacht, dass der G-BA seinen Beschluss bis zum 30. November 2016 korrigiert.
100 Minuten Sprechstunde pro Woche
Psychotherapeuten mit einem ganzen Praxissitz müssen zukünftig Sprechstundentermine von in der Regel mindestens 100 Minuten pro Woche anbieten. Bei Psychotherapeuten mit einem halben Praxissitz sind es mindestens 50 Minuten. Diese Verpflichtung gilt für alle Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Fachärzte, die über eine Abrechnungsgenehmigung für eine Richtlinienpsychotherapie verfügen. Die KVen können jedoch mehr oder weniger Sprechstundenzeiten vorschreiben, wenn dies zur Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrags notwendig ist. Psychotherapeuten können selbst entscheiden, ob sie die Sprechstunde offen oder mit Terminvergabe durchführen.
Der G-BA beschloss ferner, auf die Einführung einer Standarddokumentation für alle Patienten in einer Richtlinienpsychotherapie zu verzichten. Neben dem BMG hatten vor allem die die Bundespsychotherapeutenkammer und die Patientenvertreter im G-BA diese im ursprünglichen Beschluss vorgesehene Auflage kritisiert. Stattdessen wurde dem Unterausschuss Qualitätssicherung des G-BA die Aufgabe übertragen, einen Auftrag an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) zur Entwicklung eines einrichtungsvergleichenden Qualitätssicherungsverfahrens in der ambulanten Psychotherapie vorzubereiten.
Übergangsregelung von einem Jahr
Schließlich hat der G-BA eine Übergangsregelung zur psychotherapeutischen Sprechstunde beschlossen. Versicherte müssen erst ab dem 1. April 2018 in einer Sprechstunde gewesen sein, bevor sie weitere psychotherapeutische Behandlungen (Probatorik, Akutsprechstunde, Richtlinienpsychotherapie) erhalten können.
Von dieser Pflicht sind allerdings grundsätzlich Patienten ausgenommen, die nach einer stationären Krankenhausbehandlung oder einer rehabilitativen Behandlung mit einer Diagnose aus dem Indikationsspektrum der Psychotherapie-Richtlinie entlassen werden. Auch Patienten, bei denen zuvor bei einem anderen Psychotherapeuten oder Facharzt im Rahmen einer psychotherapeutischen Sprechstunde die Indikation für eine ambulante Psychotherapie gestellt worden ist, müssen von dem weiterbehandelnden Psychotherapeuten nicht erst erneut in der Sprechstunde gesehen werden.
Schließlich hat der G-BA die Zeit einheitlich festgelegt, in der psychotherapeutische Praxen telefonisch erreichbar sein müssen. Psychotherapeuten mit einem ganzen Praxissitz müssen künftig persönlich oder über Praxispersonal mindestens 200 Minuten pro Woche telefonisch erreichbar sein. Bei einem halben Praxissitz sind es zukünftig 100 Minuten. Die entsprechenden Zeiten müssen den Kassenärztlichen Vereinigungen mitgeteilt werden, die sie dann Hilfesuchenden zugänglich machen. © pb/aerzteblatt.de

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