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Politik

Krankenhaus­finanzierung: Die Qual der Wahl

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Thomas Reumann, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft /Schwarz

Düsseldorf/Neuss – Die Krankenhäuser sollen finanziell auf eine solidere Basis gestellt werden. Dabei soll auch der Investitionsstau in den Kliniken aufgelöst werden. Darüber waren sich die Teilnehmer des diesjährigen Forums einig, das die Krankenhausgesell­schaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) unter dem Motto „2017: Das Superwahljahr für Kran­­kenhäuser?“ in Neuss ausgerichtet hat. Bei der Frage nach dem „Wie?“ gingen die Ansichten allerdings auseinander.

„Die Politik hat erkannt, dass die Fi­nan­zierung der Krankenhäuer auf eine solidere Basis gestellt werden muss. Und da sind im Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) viele Weichen richtig gestellt worden“, sagte Tho­mas Reumann, Chef der Deutschen Krankenhaus­ge­sell­schaft (DKG). Im Hinblick auf die Diskussion um die Qualität der Versorgung muss für den DKG-Präsi­denten der Wille, den Patienten optimal zu versorgen, auch am Kranken­bett ankommen. Daher sieht er noch Nachbesserungsbedarf bei der Umsetzung des Ge­setzes: „Wir brau­chen klare Vorgaben, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.“ Bei vielen Punkten, die zur Verbesserung der Versorgung beitragen sollten, sei man noch zu kei­nem Ergebnis ge­kom­men, so dass die Kliniken eine Verbesserung der Qualität in diesem Jahr nicht erreichen wer­den, räumte Reumann ein.

Bei der Qualitätsdiskussion mahnte Peter Preuß zur Vorsicht. „Was heute Qualität ist, ist morgen keine. Entscheidend ist, Strukturen zu schaffen, so dass Qualität stattfinden kann“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete mit Blick auf den Investitionsstau in den Krankenhäusern. Preuß war für seinen Parteifreund und CDU-Bundestagsabgeordneten Rudolf Henke eingesprungen, der beim CDU-Parteitag in Essen nicht abkömmlich war.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grü­nen, Maria Klein-Schmeink, sprach sie für mehr Struktur- und Prozessqualität aus. Die wesentliche Komponente sei dabei das Personal. Und genau das sei eines der beiden zentralen Ziele, die in diese Legislaturperiode nicht erreicht wurden. „Wir haben keine verbindliche Personalbemessung erreicht. Wenn Sie in die Häuser gehen, ist das das Problem“, betonte Klein-Schmeink.

Das Pflegestellenprogramm sei ihr zu wenig. Auch das Geld dafür sei zu wenig. „Wenn wir die Pflege richtig machen wollen, brauchen wir Geld. Aber dafür gibt es kein Kon­zept“, kritisierte sie. Das andere Ziel, das ihrer Ansicht nach verfehlt wurde, ist die Förde­rung der Investitionskosten. Denn die Länder hätten kein Geld. Außerdem werde die Schuldenbremse kommen und damit sei ihnen die Hände gebunden.

„Deswegen haben wir im Bund gefordert, 2,5 Milliarden Euro im Jahr als Investitionskos­ten­förderung für die Häuser bereitzustellen, um den Investitionsstau abzubauen“, sagte Kathrin Vogler. „Wir brauchen allein in Nordrhein-Westfalen mindestens 1,3 Milliarden Euro als Investitionskostenzuschlag, um die Häuser nach vorne zu bringen.“ Von einer Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an den Investitionskosten hält die gesund­heitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke nichts, denn die Investiti­o­nen und die Infrastruktur der Kliniken würden ja auch Privatpatienten zur Verfügung steh­en.

Demgegenüber kann sich Günter van Aalst sehr wohl eine Beteiligung der Kranken­kas­sen an den Investitionskosten vorstellen. „Aber wir möchten dann auch an der Kranken­haus­planung beteiligt werden“, forderte der Leiter der Landesvertretung Nordrhein-West­falen der Techniker Krankenkasse. Außerdem könne man die Investitionskosten­be­teiligung auf alle Krankenkassen umrechnen. „Dann sind die privaten Krankenkassen auch im Geschäft“, so van Aalst weiter.

Eine Beteiligung der Krankenkassen an den Investitionskosten der Kliniken kann sich Barbara Steffens ebenso vorstellen wie eine Teilfinanzierung durch den Bund. „Aber die Planung muss in Länderhand bleiben“, schob die nordrhein-westfälische Gesundheitsmi­nis­terin möglichen Begehrlichkeiten des Bundes sofort einen Riegel vor. „Denn nur wir kennen hier die regionalen Besonderheiten. Das kann der Bund nicht leisten.“

Darüber hinaus ist für Steffens eine dritte Säule der Krankenhausfinanzierung vorstell­bar. „Wir finanzieren damit, was nötig ist und steuern so die Versorgungssicherheit“, er­klärte Steffens. Das Geld in dieser dritten Säule soll demnach zweckgebunden sein, um zu finanzieren, was die Krankenhäuser für die Versorgung der Menschen in ihren Ein­zugs­gebieten wirklich brauchen. Das würde jedoch die unternehmerischen Freiheiten der Kliniken einschränken. „Das Krankenhaus kann sich dann nicht noch einen weiteren Da-Vinci-Roboter in den OP stellen“, stellte die Ministerin klar.

„Wir könnten bei der NRW-Bank ein Förderprogramm auflegen, bei dem das Land die Til­gung und die Zinsen übernimmt“, schlug Serdar Yüksel vor. „Das hatten wir auch beim Programm „Gute Schule 2020“ mit zwei Milliarden Euro“, so der Landtagsabgeordnete des SPD-Fraktion weiter. Und was für die Schulen gut sei, könnte auch für die Kranken­häuser gut sein.

„Das ist aber nur ein Projekt und noch dazu ein schwieriges“, entgegnete Gesundheits­minis­terin Steffens, denn das Land müsse entscheiden, welches Krankenhaus einen Kre­dit bekomme und welches nicht. Trotzdem werde das Land „faktisch Geld in die Hand nehmen müssen“. Sie könne sich auch vorstellen, ein Jahr lang nur mal das zu finanzie­ren, was die Pflegekräfte bräuchten. „Dafür mal explizit Geld in die Hand genommen, wür­de helfen“, war sich Steffens sicher. Die Krankenhäuser könnten entscheiden, wo und wie sie das Geld für die Pflege ausgeben. Aber sie dürften nichts Anderes davon finanzieren. Der CDU-Landtagsabgeordnete Peter Preuß schlug vor, daraus ein Modell­projekt zu machen.

„Ich finde gut, dass wir hier mal Zahlen nennen und Lösungen aufzeigen“, sagte Jochen Brink. „Wir werden überrascht sein, wie oft das, was die Bezirksregierungen und die Lan­desregierung wollen, auch dem entspricht, was die Geschäftsführungen der Kranken­häu­ser wollen. Wir werden uns wundern, wie nah wir beieinanderliegen“, so der KGNW-Prä­sident abschließend. Welchen der vorgeschlagenen Wege er und die Ver­treter der 350 nordrhein-westfälischen Krankenhäuser bevorzügen würden, um aus dem Investitionsstau herauszukommen und die Kliniken auf eine solidere finanzielle Basis zu stellen, nannte er aber nicht. Wer die Wahl hat, hat eben die Qual. © ts/aerzteblatt.de

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